Belletristik

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Buchempfehlung Belletristik

Autor
Frame, Janet

Wenn Eulen schrein

Untertitel
Roman. Aus dem Englischen von Ruth Malchow
Beschreibung

Der erste Roman der neuseeländischen Autorin Janet Frame, ein literarischer Klassiker, erzählt von Schätzen der Kindheit und den Schicksalen der Überlebenden.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Beck Verlag, 2012
Format
Gebunden
Seiten
287 Seiten
ISBN/EAN
978-3-406-63001-9
Preis
19,95 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Janet Frame wurde 1924 als drittes von fünf Kindern eines Eisenbahnarbeiters in Dunedin, Neuseeland, geboren, wo sie 2004 auch starb. Die Familienverhältnisse waren zum Teil tragisch, sie selbst wurde zu Unrecht als Schizophrene über Jahre in Nervenheilanstalten behandelt, u. a. mit Elektroschocks.
Frame ist Autorin von zwölf Romanen, darunter „Gesichter im Wasser“, sowie fünf Erzählungsbänden, darunter „Die Lagune“. Sie veröffentlichte Gedichte und ein Kinderbuch. Ihre Autobiographie „Ein Engel an meiner Tafel“, die von Jane Campion verfilmt wurde, gehört zu den bedeutendsten Beispielen für dieses Genre im 20. Jahrhundert. Janet Frame zählte zu den Anwärterinnen für den Literaturnobelpreis.

Zum Buch:

Die vier Kinder des Eisenbahners Bob Withers – Francie, Toby, Daphne und Chicks – wachsen Mitte des 20. Jahrhunderts in der Kleinstadt Waimaru in Armut auf. Trotz aller Entbehrungen ist der Zusammenhalt zwischen den drei Mädchen und ihrem unter epileptischen Anfällen leidenden Bruder das Glück ihrer Kindheit. Als Francie bei einem Unfall stirbt, findet diese Zeit ein jähes Ende. Der erste Roman der neuseeländischen Autorin Janet Frame, ein literarischer Klassiker, erzählt von Schätzen der Kindheit und den Schicksalen der Überlebenden. Toby lebt 20 Jahre später als letzter bei den alten Eltern. Seine kleine Schwester Teresa, die früher alle Chicks, das Küken, nannten, feiert den gesellschaftlichen Aufstieg mit ihrem Mann Tim und den drei Kindern. Daphne ist nach dem Tod der Schwester wunderlich geworden. Die Eltern haben sie in eine geschlossene Anstalt einweisen lassen.

Für den Titel von Janet Frames erstem Roman hat kein Geringerer als Shakespeare Pate gestanden. “Wenn Eulen schrein” ist ein Zitat aus “Der Sturm”. Es finden sich denn auch viele thematische Anknüpfungen an Shakespeares Spätwerk: die Wechselbeziehung zwischen Natur und Kunst, die Bedeutung der Träume, die Frage nach der Bildsamkeit des Menschen und der Notwendigkeit des Leidens. Darüber hinaus erschüttert Janet Frame ihre Leser mit der Gegenüberstellung von so genannter Normalität und Wahn: eine Normalität, die die Sinnentleerung gesellschaftlicher Realität im 21. Jahrhundert vorweg nimmt, ein Wahn, der dem Sinn für Poesie sehr nahe steht.

1954 erhielt Janet Frame für die Erstveröffentlichung gesammelter Kurzgeschichten unter dem Titel “Die Lagune” den wichtigsten neuseeländischen Literaturpreis. Die öffentliche Anerkennung rettete die zu diesem Zeitpunkt mit der Fehldiagnose Schizophrenie in der Psychiatrie einsitzende Autorin vor einer Lobotomie. 1957 erschien “Wenn Eulen schrein”. 2003 war sie für den Literaturnobelpreis nominiert. Sie hätte ihn verdient. 2004 starb Janet Frame im Alter von 79 Jahren in Neuseeland an Leukämie.

Susanne Rikl, München