Zum Buch:
Schon beim Aufwachen hat John Grimes das Gefühl, dass dieser Tag, sein 14. Geburtstag, kein guter werden wird. Und er wird Recht damit behalten, denn an diesem Samstag im März 1935 wird sich sein Leben radikal und auf für ihn unvorhersehbare Weise verändern. Er weiß, dass er auf Wunsch seines Stiefvaters Gabriel als Laienprediger in der Hinterzimmerkirche in Harlem „erweckt“ werden soll, die den Mittelpunkt seines Familienlebens bildet, und er weiß auch, dass er dazu nicht bereit ist. Aber trotz eines kleinen Fluchtversuchs in den Straßen New Yorks ist er am Abend rechtzeitig da, zusammen mit der kleinen Gemeinde, die neben einigen frommen alten Frauen aus seinem Freund Elisha, seinen Eltern und seiner Tante besteht. Der Gottesdienst, der jetzt mit Gesang beginnt, bildet den Rahmen für die langen Rückblenden in das Leben seiner Mutter, seines Vaters und dessen Schwester. Es sind drei exemplarische Biographien von Schwarzen im Süden der USA kurz nach dem Ende der Sklaverei, geprägt von Armut, Demütigung und ständiger Gefahr. Das einzige, was diese Menschen dem entgegensetzen können, ist eine so ekstatische wie verzweifelte Religiosität, die als Lohn für das Erdulden des Ausgeliefertsein die Erlösung im Jenseits verspricht.
Von dieser Welt ist erstmals 1953 erschienen, aber es liest sich, gerade auch in Miriam Mandelkows hervorragender Übersetzung, sehr frisch und neu. So befremdlich die religiös gefärbte Sprache, die sich an die Sprache der Bibel anlehnt, auch zunächst erscheinen mag, so übt sie durch den Rhythmus, der durch die gezielt eingesetzten Wiederholungen, die an Choräle erinnern, entsteht, und durch die Kraft ihrer Metaphern einen außerordentlichen Sog aus. Sprachlich und formal kann man das Buch nur als Meisterwerk bezeichnen, als Klassiker, der die Zeit auch weiterhin überdauern wird. Das gilt für die literarische Perspektive – auf inhaltlicher Ebene dagegen kann man nur hoffen, dass die erschreckende gesellschaftspolitische Aktualität, die dieser Roman fast siebzig Jahre nach der Erstveröffentlichung immer noch besitzt, nicht überdauert, auch wenn die Chancen dafür gegenwärtig nicht sehr groß zu sein scheinen.
In jedem Fall ist zu hoffen, dass Baldwins andere Bücher ebenfalls bald wieder in Übersetzungen vorliegen.
Irmgard Hölscher, Frankfurt a. M.