Zum Buch:
„Ich wechselte einen Blick mit einem jungen Mädchen, das gleich gegenüber vom Hotel herumlungerte, um sich zu verkaufen. Arm, schmutzig, sehr hübsch. Und sehr jung. Ich fragte Emil, den Taxifahrer, wie viele Kinder er habe. Eigentlich zehn, sagte er, aber sechs seien tot.“
Wenn Denis Johnson über Afrika schreibt, und seien es nur die paar Zeilen, die auf einer Postkarte Platz finden, so weiß er nur zu gut, wovon er spricht, denn oft genug hat er den Kontinent bereist und darüber auf seine eindringliche, schonungslose Art berichtet.
Irgendwann in Sierra Leone. Namenlose, schlammbespritze Straßen, lautes, unnützes Hupen, überwältigende Hitze, räudige Köter, die hechelnd in Schattenpfützen liegen, der bittere Geruch von ranzigem Schweiß, miserablem Schnaps und dem Parfüm kindlicher Prostituierter mit zu viel Schminke im Gesicht und billigen, blonden Perücken. Roland Nair, der Ich-Erzähler von Denis Johnsons neuem Roman Die lachenden Ungeheuer, kehrt nach sieben Jahren nach Afrika zurück, um im Auftrag der Nato seinen Freund Michael auszuspionieren, einen schwarzen Söldner, an dessen Seite er bereits an vielen Schauplätzen gekämpft und krumme Geschäfte abgewickelt hat – und der kurz davor steht, mit Leuten des Mossad einen Urandeal einzufädeln. Das ist die offizielle Version, denn im Grunde ist er allein deshalb wieder hier, weil er das Chaos liebt, den Irrsinn, die tägliche Anarchie. Gleich nach seiner Ankunft verfällt er in eine Art Dauerrausch, und es dauert auch nicht lange, bis sich nicht mehr sagen lässt, wer hier eigentlich wen hintergeht, denn bald schon wähnt sich Nair im Fadenkreuz von CIA, Interpol und dem britischen MI 5. Möglicherweise rettet ihm allein die Tatsache, dass er zusammen mit Michael und dessen Verlobter von plündernden Warlords gekidnappt wird, das Leben.
Die lachenden Ungeheuer ist ein schneller, dunkler Roman, gespickt mit trockenem Humor und reich an unvorhergesehenen Wendungen. Gemessen an den Vorgängern Engel, Train Dreams und Ein gerader Rauch ist es sicherlich nicht die beste Arbeit, die Denis Johnson abgeliefert hat, aber dieser Roman ist auf jeden Fall außergewöhnlich und gut.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln