Zum Buch:
Von einer nie genau diagnostizierten Krankheit schwer gezeichnet und – als einziges Mittel zur Linderung – schwer morphiumabhängig, bricht der französische Schriftsteller und Korrespondent für „Le Temps“ zu einer Reise auf, die ihn an das Grab seines größten Idols, Robert Louis Stevenson, bringen soll. Er wird dort nie ankommen.
Gemeinsam mit seinem treuen Diener und Pfleger, dem Chinesen Ting, besteigt er im Oktober 1901 in Marseille die “Ville de Ciotat”, das „gefräßige weiße Monster“, wie Schwob den Kohledampfer nennt, der sie über das Mittelmeer, den Suezkanal, das Rote Meer, Ceylon, Sydney schließlich nach Samoa führen soll, Stevensons letzte Ruhestätte. Bereits zu Beginn der Fahrt – eben erst hat man die Meerenge von Bonifacio erreicht – bekrittelt der empfindliche Autor die Farbe des Meeres.
„Doch ich mag das Mittelmeer wirklich nicht besonders und finde seine Farbe wenig anziehend.“ Während der gesamten Reise wird er sich in seinen Briefen, die er ausschließlich an die Theaterschauspielerin Marguerite Moreno adressiert, die er zwei Jahre zuvor geheiratet hat, entweder über die Farbe des Meeres und des Himmels beschweren oder sie mit ausgesucht prosaischen Adjektiven geradezu überschütten.
Seine Krankheit macht ihm schwer zu schaffen. Und obwohl das stete Rollen und Stampfen des Schiffes ihm arg zusetzt, findet er dennoch die Zeit, sich zutiefst über die rohen Gepflogenheiten seiner Landsleute aufzuregen, die die Einheimischen behandeln wie Nutzvieh. In seinen unzähligen Briefen („Liebe Marg, …“) porträtiert er ausführlich seine Mitreisenden sowie seine verschiedenen Beziehungen zu ihnen, doch im Vordergrund seiner Ausführungen stehen immer das Meer und der offene Himmel darüber.
Niedergeschlagen und von Schmerzen gepeinigt, muss er im Frühjahr 1902 aus gesundheitlichen Gründen die Reise abbrechen. Der Wunsch, das Grab seines Jugendhelden und schriftstellerischen Vorbilds zu sehen, bleibt ihm verwehrt.
Manapouri ist mit Sicherheit eines jener Bücher, die man sehr guten Freundinnen und Freunden empfiehlt, immer mit dem Hinweis, hier etwas ganz Besonderem zu begegnen. Die Briefe Stevensons sowie der Essay über ihn – beides findet sich im Anhang – runden dieses außergewöhnliche Leseerlebnis mehr als zufriedenstellend ab.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln