Zum Buch:
Christoph Peters kommt vom Niederrhein, und dort trinkt man neben Kaffee in der Regel Bier und gelegentlich auch Korn. Wie fast überall in Deutschland ist Tee auch hier traditionell ein Getränk fürs Krankenbett: Pfefferminz, Kamille oder auch dünner Schwarztee mit etwas Zucker, stets in den kleinen Beuteln aus den Pappschachteln ganz hinten im Küchenschrank, deren dünne Fädchen mit dem kleinen Schildchen dran immer in die Tasse rutschen. Der Autor war hier keine Ausnahme, erlebte aber in den angstvollen achtziger Jahren – Stichworte Dritter Weltkrieg, Atomkraftwerke und Waldsterben – im Internat, wie viel Trost der durch das Teelicht im Stövchen golden schimmernde Vanilletee aus der Glaskanne bieten kann, wenn der Weltuntergang kurz bevorsteht. Von dort aus nimmt uns Peters mit auf eine Reise durch die Welt des Tees, von der ersten Bekanntschaft mit gutem japanischem Tee ausgerechnet in einer Mainzer Waldschänke über einen Besuch in Kairo bis nach Japan und China, von der faszinierenden Entwicklung der japanischen Tee- und der damit verbundenen Porzellankultur bis zu dem zwerchfellerschütternden Versuch, mit Hilfe von Büchern und Videos in einem Berliner Altbau eine japanische Teezeremonie zu absolvieren – was Monate dauert und mit dem entsprechenden Umbau der Wohnung endet. Getragen wird das alles durch die so freundliche und wohlwollende wie hartnäckige Neugier des Autors auf andere Kulturen, andere Lebensweisen, andere Geschmackserlebnisse, der er mit beneidenswerter Gründlichkeit und einem völlig unesoterischen Drang nach Erkenntnis und Vollkommenheit folgt. Und deshalb muss man sich auch nicht unbedingt für Tee interessieren, um dieses kleine Buch mit großer Freude und viel Gewinn zu lesen. Aber wenn man es zugeklappt hat, wird es nicht lange dauern, bis man im nächstgelegenen Teeladen steht und nach einigem Fachsimpeln um mehrere Päckchen Senja und Darjeeling reicher, aber finanziell um einiges ärmer wieder herauskommt – und dann zu Hause nach der Nummer der Stadtwerke suchen muss, um die Wasserhärte zu erfahren …
Irmgard Hölscher, Frankfurt am Main