Belletristik

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Buchempfehlung Belletristik

Autor
Karim Khani, Behzad

Hund, Wolf, Schakal

Untertitel
Roman
Beschreibung

Jamshid flieht zusammen mit seinen Kindern Saam und Nima zu Beginn der 80er Jahre von Teheran nach Berlin. Seine Frau, die wie er im kommunistischen Kampf gegen den Schah aktiv gewesen war, wurde von den nun machthabenden islamischen Militärkräften gefoltert und getötet, seine eigene Inhaftierung kann zu jedem Zeitpunkt erfolgen. In Berlin fängt für seine Kinder ein neues und fremdes Leben an. Im Zentrum der Geschichte steht jetzt Saam, der ältere der Brüder, die LeserInnen folgen ihm vom ersten Kontakt zu seinen Mitschülern bis hinein in sein junges Erwachsenenleben. Nach den Demütigungen seiner ersten Jahre in Berlin entscheidet sich Saam für eine folgenreiche Veränderung.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Hanser Berlin, 2022
Format
Gebunden
Seiten
288 Seiten
ISBN/EAN
978-3-446-27378-8
Preis
24,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Behzad Karim Khani wurde 1977 in Teheran geboren, seine Familie ging 1986 nach Deutschland. Er studierte Medienwissenschaften und lebt heute in Berlin-Kreuzberg, wo er schreibt und die Lugosi-Bar betreibt.

Zum Buch:

Das Buch von Behzad Karim Khani hat etwas von einem Episodenroman. In drei Abschnitte teilt sich das junge Leben des Protagonisten Saam: die Kindheit im Teheran der späten 70er; die erste Zeit nach der gemeinsamen Flucht mit seinem Vater Jamshid, der wegen seiner Beteiligung an der kommunistischen Bewegung gegen den Schah nur knapp der Exekution durch die nun machthabenden Islamisten entgangen ist, und mit seinem kleinen Bruder Nima in Berlin, wo beide sich als Außenseiter an dem sozialen Paradigmenwechsel abarbeiten; schließlich sein Leben als Heranwachsender und junger Erwachsener, der sich mit seinem Markenzeichen, den im Mund versteckten Rasierklingen, jetzt Respekt zu verschaffen weiß. Der äußeren Emigration folgt Saams innerer Wandel. Dabei erklären das geographische Exil genauso wie Saams psychologische und physiologische Metamorphose, in der er alles ablegt, was ihm als Schwäche ausgelegt werden könnte, die Brüche in der Erzählung, deren Episoden sowohl im Ton als auch in den Themen unterschiedlichen Büchern entstammen könnten. Das ist jedoch nicht als Schwäche des Buches anzusehen, sondern verdeutlicht auf ebenso leichte wie eindrückliche Weise, dass ein konsistenter Handlungsrahmen ein soziales Privileg und entsprechend eher die Ausnahme ist und auch die Frage, die im Leben der ganzen Familie den zentralen Platz einnimmt – was heißt es zu überleben? – an verschiedenen Orten Unterschiedliches bedeuten kann und muss.

Kahnis Stil ist zugänglich und verzichtet darauf, die schnell erzählte Geschichte durch viele Stilmittel oder Abschweifungen zu bremsen oder zu verkomplizieren. Andererseits schafft er es immer wieder, durch kurze, bildhafte Momentaufnahmen oder bestimmte Eigenheiten der Formulierung Tiefe und Besonderheit in seinen Roman mit einzubetten. Ein Beispiel ist etwa eine winzige Szene, in der Saam voll erstaunter Verachtung beobachtet, wie sein Vater seinem Kanarienvogel zu Noruz einen Spiegel schenkt, und so sein Bild des Vaters, für den, wie es heißt: „die Ernsthaftigkeit des Lebens nicht verhandelbar war“, Risse bekommt. Khanis Roman prägt eindeutig ein bestimmtes Interesse an Selbstinszenierung: die Vorstellung davon, welcher Mensch man sein will, und die Frage, wie man dieses Selbstbild aufbauen und verteidigen kann, werden zu einem der zentralen Themen für Saam genauso wie für seinen Bruder und seinen Vater. Es ist diese thematische Fixierung, die den Roman über eine Zeit- und Milieustudie hinaus interessant macht.

Theresa Mayer, Frankfurt a. M.