Zum Buch:
Das macht den Reiz des Romans aus: Der Leser erfährt nebenbei sehr viel über die Lebensverhältnisse in Polen zu Beginn des letzten Jahrhunderts; insbesondere die des verarmten Landadels. Die Romanfiguren versuchen in der Gesellschaft einen anerkannten Platz zu finden. Sie begegnen einander, zeigen in dieser Begegnung aber nur ihre Masken, benutzen den anderen, um ihre Ziele zu verwirklichen. Manchmal bekommen sie die Chance ihr wahres Gesicht zu zeigen, geliebt zu werden und zu lieben. Doch sie sind dazu nicht in der Lage, sie fliehen und Alles wird zerstört. Sie sind entsetzt über ihr verborgenes “Ich”, das sich ihnen zeigt, und können dennoch nicht anders als diesem weiter Raum zu geben und ihr Handeln von diesem bestimmen zu lassen, hinter der Maske. Eine Auswahl weiterer Titel zum Einlesen: Gombrowicz, Witold: Ferdydurke.Roman. Aus dem Poln. v. Walter Tiel. Fischer Taschenbücher, 2004. 378 S. 9.90 Gombrowicz, Witold: Pornographie.Roman. Aus dem Poln. v. Walter Tiel. Hanser 2004. 244 S. Gebunden 19.90 ÜBER WITOLD GOMBROWICZ 1904 geboren im polnischen Maloszyce, in einer Landadelfamilie, studierte Gombrowicz zuerst Jura und arbeitete dann bei einem Gericht in Warschau, “eignete sich aber zu keiner Erwerbstätigkeit”. 1933 erschien sein erstes Werk: “Bakakaj – Die Memoiren aus der Epoche des Reifens”. 1938 folgte der Skandal-Roman “Ferdydurke”, der später, über die Grenzen Polens hinaus, zum Kult-Buch wurde. In dem Buch schuf der Autor die “Fresse-Popo-Philosophie”, d.h. die Vorstellung, dass die Menschen ständig ihnen von der Gesellschaft aufgezwungene Rollen spielen. 1939 erschien der Fortsetzungsroman “ Die Besessenen”. Im Sommer 1939 reiste er nach Argentinien aus. Er brauchte die Distanz zu Polen, und der Literatur, denn “In der Heimat der Kühe schätzt man Literatur nicht”. Er blieb dort 24 Jahre – die meiste Zeit in großer Armut. 1947 bekam er eine Stelle als Sekretär bei einer Bank. Die Arbeit sicherte ihm die Existenz und er schrieb wieder, “ Die Trauung”, “Pornographie” und die Teile von “Trans- Atlantik” entstanden u.a. in dieser Zeit. Der Autor erhielt endlich Annerkennung, seine Bücher wurden in andere Sprachen übersetzt, die polnische Exil-Zeitschrift “Kultura” aus Paris publizierte seine gesamten Werke und ab 1953 bis zu seinem Tod sein Tagebuch. 1963 kehrte er nach Europa zurück und wohnte ein Jahr in Berlin. Die Nähe zu seiner Heimat, in die er nicht einreisen durfte, weil er ein Volksfeind war, machte ihn krank. Danach lebte er in Südfrankreich, in Vence. Dort entstanden u.a. “Kosmos”, “Operette” und “Testament”.1967 erhielt er den “Internationalen Preis der Verleger”. Am 27. Juli 1969 starb Gombrowicz in Saint-Paul-de-Vance.