Zum Buch:
Bücher über den israelisch-palästinensischen Konflikt sind Legion. Und wenn man von den Akten in Archiven absieht, so ist über diesen Konflikt buchstäblich alles gesagt worden, was gesagt werden kann – insbesondre über das Desaster der israelischen Besatzungspolitik nach 1967. Warum also ein Hinweis auf ein neues Buch zu diesem Konflikt? Neues enthält das Buch von Gershon Gorenberg nicht. Aber der Autor bezeichnet sich selbst als „orthodoxen Juden“. Und was er aus dieser Perspektive zu sagen hat, ist nicht nur bedenkenswert, sondern sensationell.
Die entgegen dem Wortlaut des Oslo-Vertrags von 1993 fortgesetzte israelische Siedlungsbaupolitik nennt Gorenberg „ein gewaltiges, jeder Rechtsstaatlichkeit spottendes Schurkenstück.“ Und er belegt das mit Beispielen und Informationen, zu denen man nur kommt, wenn man das Vertrauen der Siedlungsaktivisten genießt.
Gorenberg zeichnet die Etappen nach, auf denen Israel aus einer Demokratie zu einer „Ethnokratie“ regredierte. Dabei schließt er sich der Definition des amerikanischen Politikwissenschaftlers Oren Yiftachel an, wonach „Ethnokratie“ eine Regime ist, das „die Ausdehnung der dominanten Gruppe in dem umstrittenen Territorium vorantreibt, während es eine demokratische Fassade aufrecht erhält.“
Um in Israel das „Reich der Zweideutigkeit“ und der Siedlungspolitik zu beenden, bedarf es nach Gorenberg einer „Neugründung“ Israel und der Gründung eines palästinensischen Staates – beide mit festen Grenzen und Gesetzen, die nicht nur auf dem Papier stehen. Dazu zählt der orthodoxe Jude die Gleichheit aller Bürger sowie die strikte Trennung von Staat und Synagoge. Ein starkes, ein beeindruckendes Stück Aufklärung.
Rudolf Walther, Frankfurt am Main