Alle Empfehlungen

Drucken

Alle Empfehlungen

Autor
Lansdale, Joe R.

Dunkle Gewässer

Untertitel
Krimi. Aus dem Amerikanischen von Hannes Riffel
Beschreibung

Der Leichnam eines ermordeten Mädchens taucht unversehens wieder aus einem Fluss in Texas auf, und wären da nicht ein paar gute Freunde, es würde niemanden weiter kümmern. Aber dann ist Geld im Spiel, und eine erbarmungslose Hetzjagd nimmt ihren Lauf. Ein dunkler, rasanter Südstaatenroman, wie man ihn sich besser kaum vorstellen könnte. Spannung bis zum letzten Satz.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Tropen-Verlag, 2013
Format
Gebunden
Seiten
320 Seiten
ISBN/EAN
978-3-608-50131-5
Preis
19,95 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Joe R. Lansdale, geboren 1951 in Gladewater, Texas, hat mehr als ein Dutzend Romane geschrieben, für die er zahlreiche Auszeichnungen erhielt, u. a. den American Mystery Award, den Edgar Award und sieben Bram Stoker Awards.
Seine Werke sind in zahlreiche Sprachen übersetzt. Er lebt mit seiner Familie in Nacogdoches, Texas.

Zum Buch:

»In jenem Sommer hörte Daddy auf, Fische mit dem Telefon oder mit Dynamit zu fangen, stattdessen vergiftete er sie mit grünen Walnüssen.«
Also wenn das nicht einer der vielversprechendsten Anfangssätze ist, dann weiß ich es auch nicht. Und in Joe Lansdales Krimi gibt es eine Vielzahl ähnlich makabrer Sätze, die wie aus dem Lehrbuch für düstere Südstaatenromantik zu stammen scheinen.

Wir befinden uns in Osttexas, zur Zeit der großen Depression.
Die sechzehnjährige Sue Ellen sitzt mit ihrem gleichaltrigen Freund Terry am Ufer des Sabine-River und schaut ihrem Vater und ihrem Onkel dabei zu, wie sie vom Boot aus die betäubten Fische einsammeln. Sue Ellen hasst ihren Vater. Nicht nur, weil er pausenlos betrunken ist und ihre Mutter verprügelt oder weil er Terry für eine Schwuchtel hält, womit er nicht mal ganz falsch liegt, am meisten hasst sie ihn, weil er ihr zu oft schon nachgestiegen ist und sie begrapscht hat, weshalb sie sich in letzter Zeit nur noch mit einem Knüppel bewaffnet ins Bett traut.

Es ist der Ort und die Zeit, in der einzig die Männer – solange sie weiß sind – etwas zu sagen haben; so wie es schon in der Bibel steht, sagt Sue Ellens Mutter, weshalb sie auch glaubt, die Prügel verdient zu haben.
Als die Männer das Netz mit den grünen Walnüssen wieder heraufziehen, stoßen sie auf die aufgedunsene Leiche einer jungen Frau, deren Hände mit Draht auf dem Rücken festgebunden sind und an deren Füßen eine Singer-Nähmaschine hängt. Obwohl die Leiche lange im Wasser gelegen hat, weiß jeder sofort, dass es sich dabei um May Linn handelt, eine Dorfschönheit, von der man annahm, sie sei längst mit dem nächstbesten Kerl durchgebrannt, auf nach Hollywood, denn das war ihr großer Traum. Ihr einziger Traum. Und hier in dieser Gegend hatten die meisten bereits früh damit aufgehört, sich etwas zu erträumen.

Die Männer scheren sich nicht weiter darum, was mit dem Mädchen geschehen sein könnte; am liebsten würden sie sie wieder in den Fluss werfen. Selbst der herbeigerufene Sheriff ist nicht wirklich daran interessiert, die Sache aufzuklären. Man packt den Leichnam in einen billigen Sarg und verscharrt ihn auf dem Armenfriedhof. Damit wäre die Sache eigentlich erledigt, doch Sue Ellen, Terry und ihre farbige Freundin Jinx haben andere Pläne. Sie wollen May Lynn zur Erfüllung ihres Traumes verhelfen. Dazu graben sie die Leiche wieder aus und verbrennen sie, denn sie haben sich vorgenommen, die Asche, als symbolischen Akt, irgendwo in Hollywood zu verstreuen. Eher durch Zufall stoßen sie auf eine Karte, die wiederum zu einem Versteck führt, das May Linns Bruder für seine Banküberfälle nutzte, und flüchten rasch auf einem Floß den Sabine hinunter. Sie sind auf der Hut, denn jetzt, wo Geld im Spiel ist, hat die Jagd auf sie begonnen.

„Dunkle Gewässer“ wird allein aus der Sicht von Sue Ellen erzählt, deren Vokabular und Tonlage eher ungewaschen daherkommen, doch genau das passt sehr gut zu dem Ambiente und dem ziemlich starken Plot, in dem es einige wirklich heftige Passagen gibt. Aber glaubhaft ist das allemal, keine Frage, und es würde mich gar nicht wundern, wenn uns da nicht schon bald eine weitere Romanverfilmung ins Haus stehen würde.

Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln