Zum Buch:
Es kommt seltener vor, aber es passiert, dass man einem Buchautor am liebsten um den Hals fallen würde, sich zumindest doch irgendwie bedanken will für die vielen wunderbaren Mußestunden, die einem da zwischen zwei Buchdeckeln geschenkt wurden. So ist es mir z.B. bei David Mitchell ergangen. Und das nicht zum ersten Mal, hatte er doch schon mit „Wolkenatlas“ sein außergewöhnliches Schreibtalent überzeugend unter Beweis gestellt. Doch jetzt, mit seinem neuesten Coup, hat er alle Erwartungen noch übertroffen.
Kurz vor Beginn des 19. Jahrhunderts wird der Sekretär und Buchhalter Jacob de Zoet im Auftrag der Niederländischen Ostindien-Kompanie von Zeeland ins weit entfernte Japan entsandt, um in der Faktorei Dejima, einer künstlichen, im Hafen vor Nagasaki gelegenen Insel, Dienst zu tun. Auch wenn der winzige Flecken eher einem Gefängnis gleichkommt – mit wenigen Ausnahmen ist das Betreten des Festlands bei Todesstrafe verboten –,ist Dejima doch der einzige Handelsposten, der das ansonsten völlig isolierte Japan mit dem Rest der Welt verbindet. Das Problem ist: Dejima ist nahezu bankrott. Durch Korruption, Intrigen und innere Machtkämpfe droht das Handelsmonopol an die Engländer verloren zu gehen.
Keine guten Voraussetzungen für Jacob, der sich fest vorgenommen hatte, hier Karriere zu machen. Gar reich zu werden. Es kommt ihm auch nicht unbedingt zugute, dass er offensichtlich der einzig ehrliche Mensch auf der Insel ist. Und als er sich dann ausgerechnet in die gar nicht so hübsche Tochter eines berühmten Samurai verliebt, die prompt von einer obskuren Mönchssekte entführt wird, und als dann auch noch ein Schiff der verhassten Engländer im Hafen auftaucht, da gehen die Probleme erst richtig los.
Ein Abenteuerroman, wie er sein sollte, mit exotischem Flair, mit ausreichend skurrilem Personal bestückt und mit angenehm humoristischer Note spannend bis zum Schluss erzählt. Ein Bravourstück an Kurzweiligkeit, eine Geschichte, die trotz ihrer 700 Seiten viel zu schnell endet. Aber so ist das eben. Ja, am liebsten würde man sich dafür bedanken.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln