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Autor
Némirovsky, Irène

Feuer im Herbst

Untertitel
Roman. Aus dem Französischen von Eva Moldenhauer
Beschreibung

Eine brillante Analyse der französischen Gesellschaft zwischen den Weltkriegen, die aus zeitgenössischer Sicht den Mythos der „goldenen zwanziger Jahre“ entlarvt und mit dem psychischen Elend und der Verlorenheit der Nachkriegszeit konfrontiert.

Verlag
Knaus Verlag, 2008
Format
Gebunden
Seiten
272 Seiten
ISBN/EAN
978-3-8135-0317-3
Preis
19,95 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Irène Némirovsky wurde 1903 als Tocher eines jüdischen Bankiers in Kiew geboren. Nach der Oktoberrevolution ging die Familie nach Paris; dort avancierte Irène zum Star der Literaturszene. Vor den deutschen Truppen floh sie in den Süden Frankreichs, wurde verhaftet und starb 1943 in Auschwitz. Ihr Werk wurde erst 60 Jahre später durch einen Zufall wiederentdeckt. Bei Knaus erschienen: “Suite française”, “Jesabel” und “Die Hunde und die Wölfe”.

Zum Buch:

Im Jahre 1912 ist die Welt des Pariser Kleinbürgertums noch in Ordnung. Auf dem Tisch stehen Veilchen, man isst gut und solide, und nach dem Kaffee schlendert man durch das Gelände der Weltausstellung und bewundert die prächtigen Kutschen der besseren Stände. Die fünfzehnjährige Thérèse ist in den Medizinstudenten Martial verliebt und träumt von der Hochzeit. Zwei Jahre später sieht die Welt anders aus: Die erträumte Hochzeit wird zur Kriegshochzeit, und Martial fällt nach wenigen Monaten. Auch Bernard, den Thérèse seit Kindertagen kennt, zieht in den Krieg – gegen den Willen der Eltern und voller Begeisterung. Als er 1918 traumatisiert und desillusioniert zurückkehrt, liegt die geordnete Kleinbürgerwelt in Trümmern – der Schwarzmarkt blüht genauso wie die Prostitution, und eine neue Schicht von Kriegsgewinnlern kommt zu Reichtum und Macht. Bernard heiratet Thérèse, aber das kleine Glück genügt ihn nicht, er verfällt der schönen, zwielichtigen Renée und wird von deren Mann in die Finanzwelt eingeführt. Hin- und hergerissen zwischen zwei Frauen, zwischen ehrbarem Kleinbürgerleben und glitzerndem Luxus verliert sich Bernard immer mehr – bis die Deutschen einmarschieren und der Krieg von neuem beginnt.

Mit knapper, distanzierter Sprache, gewohnt brillant übersetzt von Eva Moldenhauer, entwirft Némirovsky ein dichtes Bild der Zwischenkriegszeit. Die „goldenen Zwanziger“ erscheinen im Blick der Zeitgenossin schal und fade, als so rücksichts- wie aussichtsloser Versuch, den Schrecken des Krieges in Champagner, Egoismus und Geldgeschäften zu ertränken. Der deutsche Einmarsch in Frankreich, den die Autorin hier vorwegnimmt, spielt im Gefüge des Romans, der in den dreißiger Jahren als Fortsetzungsroman erschienen ist, die Rolle der Katharsis, die das Trauma durch Wiederholung ins Bewusstsein zurückholt und Bearbeitung ermöglicht. Wer wissen will, welche Verheerungen der Erste Weltkrieg in den europäischen Gesellschaften angerichtet hat, sollte sich „Feuer im Herbst“ nicht entgehen lassen. Irmgard Hölscher, Frankfurt am Main