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Autor
Braun, Karlheinz (Hg)

MonoDramen

Untertitel
15 Stücke
Beschreibung

Monodramen sind mehr als abendfüllende Selbstgespräche – das zeigt der vor Kurzem erschienene Band MonoDramen von Karlheinz Braun. Der Herausgeber versammelt darin 15 Stücke bekannter und weniger bekannter Autoren, die vor allem die große Bandbreite des Genres vor Augen führen sollen.

Eine fantastische Sammlung, nicht nur um ein Genre, sondern auch um das Theater neu kennenzulernen, die darüber hinaus auch den Leser einlädt, in Geschichten zu versinken.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Verlag der Autoren, 2014
Format
Kartoniert
Seiten
376 Seiten
ISBN/EAN
9783886613632
Preis
22,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Karlheinz Braun leitete bis 1969 den Theaterverlag Suhrkamp. Zusammen mit Peter Iden war er Leiter des 1966 gegründeten Frankfurter experimenta-Festivals. 1969 war er Mitgründer des Verlages der Autoren, von 1976 bis 1979 Geschäftsführender Direktor des Schauspiel Frankfurt. Er war Mitarbeiter bei zahlreichen Theaterfestivals. 1995 erhielt er den Hessischen Kulturpreis und 2007 die Ehrenplakette der Stadt Frankfurt am Main.
1997 veröffentlichte er im Verlag der Autoren „MiniDramen“.

Zum Buch:

Monodramen sind mehr als abendfüllende Selbstgespräche – das zeigt der vor Kurzem erschienene Band MonoDramen von Karlheinz Braun. Der Herausgeber versammelt darin 15 Stücke bekannter und weniger bekannter Autoren, die vor allem die große Bandbreite des Genres vor Augen führen sollen.

In einem erhellenden Vorwort führt Karlheinz Braun den Leser in die Form des Monodramas ein. Er erläutert darin unter anderem den häufig unterschätzten Unterschied zwischen Monodrama und Monolog und vergleicht die Form mit traditionellen Unterhaltungsdarbietungen der Rhapsoden und Bänkelsänger. Entstanden an der Wende zum 20. Jahrhundert entwickelte sich das Monodrama parallel zum modernen Drama und ist vielleicht sogar symptomatisch für dessen Entwicklung. Antiillusion, Episierung und Metatheatralität werden hier auf die Spitze getrieben. Bei der Aufführung, das betont Braun in seinem Vorwort, ist der Schauspieler zentral. Gelingt es ihm, allein auf der Bühne den Zuschauer zu fesseln? Geräusche, Musik und Tanz begleiten ihn häufig dabei. Beim Lesen ist es allein die Figur, die den Leser in seinen Bann zu ziehen versucht.

Der Monolog war im Grunde immer schon eine unnatürliche Form der Rede, die die Illusion der Wirklichkeit auf der Bühne brach, wenn Dramatiker die Situation auch intern zu motivieren versuchten. Das Monodrama treibt diese Unwirklichkeit auf die Spitze. An wen richtet sich die Rede? Warum steht ein Mensch allein auf der Bühne und redet? Die Motivierungen dazu sind so vielfältig wie das Genre selbst. Mal kommuniziert die Figur mit einem schweigenden Gegenüber und einem Klavier (Simon Werles „Paltruscheks Tochter“), interagiert mit einem Schäferhund (Ulrich Hub „Fräulein Braun“) oder spricht klassisch über ein Telefon mit einer abwesenden Person (Rainer Werner Fassbinders „A normal ugly voice“). Wendigkeit fordert ein Stück, wenn ein Schauspieler die Rollen aller Figuren übernehmen muss (zum Beispiel in Friedrich Karl Waechters „Die Eisprinzessin“). Häufig ist auch der Zuschauer Adressat, der dabei nicht umhin kommt, Teil des Geschehens zu werden. Ebenso kann sich der Leser dem Sog nicht entziehen, der entsteht, wenn Figuren Erlebtes einzuordnen versuchen, zur Gewohnheit gewordene Denkmuster herunterrasseln, sich rechtfertigen, um Sympathie heischen, ihre Geschichten erzählen und mal selbstbewusst, mal zögernd „Ich“ sagen. Vermutlich verliert dann die formale Plausibilität vor den erzählten Geschichten an Bedeutung.

In MonoDramen kommen auch historische Personen zu Wort. Marieluise Fleißer und Eva Braun bringen in Kerstin Spechts Stück „Marieluise“ und in Ulrich Hubs „Fräulein Braun“ („Ein Stück für mindestens eine Schauspielerin und einen deutschen Schäferhund“) ihre Version der Geschichte zu Gehör. Bekannt, auch in Francis Poulencs Opernfassung, ist Jean Cocteaus Monodrama „La voix humaine“ (deutsch bekannt als „Die geliebte Stimme“). Aus Rainer Werner Fassbinders Nachlass erscheint in Brauns Sammlung nun auch dessen bisher unveröffentlichte „Neudichtung“ des Cocteau-Klassikers „A normal ugly voice“ aus dem Jahr 1979.

Der Herausgeber beschließt seine Anthologie mit einem Anhang, in dem Autoren und Stücke vorgestellt werden. Eine fantastische Sammlung, nicht nur um ein Genre, sondern auch um das Theater neu kennenzulernen, die darüber hinaus auch den Leser einlädt, in Geschichten zu versinken.

Alena Heinritz, Mainz