Zum Buch:
Dieser Roman ist für Träumer, für solche, die man Romantiker nennt: Denn Léon und Louise handelt von nichts Geringerem als der großen, wahren und lebenslangen Liebe. Gegen alle Widerstände der Welt, trotz zwei Weltkriegen, trotz anderen Bindungen und sogar über den Tod hinaus.
Der Roman setzt mit der Totenmesse für Léon in der Kathedrale von Notre Dame ein, dort wartet die Trauergemeinde, Kinder und Enkel des Toten auf den Pfarrer. Eine alte Frau betritt die Kirche, um vor dem Gottesdienst von Léon Abschied zu nehmen. Sie ist den Trauernden fremd und doch wissen sie sofort, dass sie Louise vor sich haben. Ihr Abschiedsgruß an Léon ist das Läuten einer Fahrradklingel.
Als junger Mann ist Léon 1918 mit dem Fahrrad aus seinem Heimatort an der Atlantikküste aufgebrochen, um in Saint-Luc-sur-Marne an der Bahnstation als Morsehelfer seinen Arbeitsdienst im Krieg zu leisten. Kurz vor dem Ziel, auf einer Landstraße, überholt ihn Louise. Die junge Frau mit ihrem quietschenden Drahtesel lächelt ihm im Vorbeifahren zu, klingelt – und verändert damit Léons Leben. Eine kurze gemeinsame Radtour ans Meer wird für viele Jahrzehnte die einzige Zeit sein, die sie ganz für sich haben. Auf dem Rückweg passiert das Entsetzliche: Sie geraten in einen Luftangriff und halten einander für tot. Léon heiratet und arbeitet in Paris als Polizeichemiker; Louise, ebenfalls in der Hauptstadt, als Sekretärin bei einer Bank. 1928 treffen sie sich zufällig in der Metro. An ihren Gefühlen hat sich nichts geändert, aber niemals würde er seine Familie verlassen und niemals würde sie es dulden. Die Vereinbarung lautet: es wird keinen Kontakt geben.
Doch Léons Frau Yvonne weiß von der Liebe und schickt ihren Mann auf die Suche nach der anderen Frau. Yvonne wird zur dritten Hauptperson des Romans. Sie verkörpert eine weitere Dimension des Zusammengehörens zweier Menschen.
Inzwischen ist der Zweite Weltkrieg ausgebrochen, Paris von den Nazis besetzt. Louise verbringt die Kriegszeit in Französisch Westafrika. In Briefen berichtet sie von ihren Erlebnissen; nebenbei entsteht so eine kleine, schockierende kolonialgeschichtliche Miniatur. Ganz anders ergeht es in dieser Zeit Léon, Yvonne und den Kindern, die im besetzten Paris bleiben. Es ist ein beklemmender Alltagsbericht, der sich auf die Erfahrungen Léons konzentriert. Absurde und grausame Schikanen deutscher Vorgesetzter, familiäre Sorgen, hilfloses Aufbegehren bestimmen den Alltag. Trotzdem ermisst man die Belastung erst an Yvonnes Zusammenbruch nach Kriegsende. Das Leben geht weiter, die Kinder werden groß. Yvonne und Léon gehören zusammen. Bis Yvonne stirbt. Zweiundsechzig Jahre sind Léon und Louise alt, als sie mit Léons Hausboot aufbrechen „hinaus auf die Seine und flussabwärts, dem Ozean entgegen“. Eine hinreißende Geschichte!
Claudia Biester, Offenbach am Main