Zum Buch:
Die Nachricht, dass der noch keine fünfzig Jahre alte Banker Markus Seitz von einer Putzfrau tot in seinem Büro gefunden wurde, löst bei den etwa gleichaltrigen Freunden des Verstorbenen nicht nur Trauer, sondern auch Angst aus. Denn schließlich sind sie alle beruflich eingespannt, sind Staatsanwalt, Restaurantbesitzer, Autohändler und Immobilienmakler. Alle sind sie was geworden, die alten Freunde, nur Will Bastian, der von seiner Freundin wegen mangelndem Zeugungswillen rausgeworfene und von seiner Zeitung nicht mehr benötigte Musikredakteur, sieht einem wenig einträglichen Leben als freier Journalist entgegen. Aus Geldmangel zurück in der elterlichen Wohnung, ist er mit seinem betagten Vater und damit mit seiner Kindheit und letztlich auch mit seiner rebellischen Jugendzeit konfrontiert. Die hat sich überwiegend im Frankfurter Spontimilieu abgespielt, zusammen mit eben den arrivierten Freunden, die nun einer nach dem anderen dahingerafft werden. Noch vor Staatsanwältin Karen Stark dämmert ihm, dass da ein Mörder unterwegs ist, dessen Motiv sich in den Schatten der bewegten Vergangenheit der Freunde verbirgt. Wieder hat Anne Chaplet ein Buch vorgelegt, das das damalige und gegenwärtige Verhalten der Spontis unter die Lupe nimmt. Die in Teilen äußerst gelungenen Milieuschilderungen und Charakterstudien, insbesondere die so realistische wie anrührende Konfrontation des Protagonisten mit dem Vater und die allmähliche Annäherung an den alten Mann wiegen den relativ schwachen Plot und einen gewissen Mangel an Spannung mehr als auf. Etwas störend allerdings ist der große Raum, den die Serienfigur Karen Stark einnimmt, deren Funktionslosigkeit für die Handlung durch arg breite Auslassung über die Schönheit von Eichhörnchen und die Wirren der Liebe noch unterstrichen wird. Hier wäre weniger mehr gewesen.
Irmgard Hölscher, Frankfurt am Main