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Autor
Davies, Bea; Spät, Patrick

Der König der Vagabunden

Untertitel
Gregor Gog und seine Bruderschaft
Beschreibung

1917. Als Marinesoldat im ersten Weltkrieg wird der junge Gregor Gog zum Pazifisten. „Soldaten, die Befehle verweigerten, galten nach dem Kriegsrecht als geistig gestört. Deshalb wird Gog in eine Irrenanstalt eingewiesen.“ Er ist beim Kieler Matrosenaufstand dabei und landet auf der Suche nach der richtigen politischen Bewegung im beschaulichen Urach auf der schwäbischen Alb in der „Kommune am Grünen Weg“. 1926 geht Gog auf die Straße. Aber nicht zum Demonstrieren, jetzt ist er Vagabund, ohne Geld, auf der Suche.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
avant-verlag. 2019
Format
Gebunden
Seiten
160 Seiten
ISBN/EAN
978-3-96445-015-9
Preis
25,00 EUR

Zum Buch:

1917. Als Marinesoldat im ersten Weltkrieg wird der junge Gregor Gog zum Pazifisten. „Soldaten, die Befehle verweigerten, galten nach dem Kriegsrecht als geistig gestört. Deshalb wird Gog in eine Irrenanstalt eingewiesen.“ Er ist beim Kieler Matrosenaufstand dabei und landet auf der Suche nach der richtigen politischen Bewegung im beschaulichen Urach auf der schwäbischen Alb in der „Kommune am Grünen Weg“. Dort begegnet er verschiedenen Protagonisten zeitgenössischer Reformbewegungen wie Erich Mühsam und dem Monte-Verita-Mitbegründer Gusto Gräser.

1926 geht Gog auf die Straße. Aber nicht zum Demonstrieren, jetzt ist er Vagabund, ohne Geld, auf der Suche. Unterwegs trifft er den Maler Hans Tombrock und die charismatische Tänzerin Jo Mihaly. Sie „tippeln“ nach Berlin, immer hungrig, immer im aufgeregten Gespräch über das wahre Leben jenseits bürgerlicher Konvention oder Ausbeutung. Berlin ist voller Obdachloser. Im Zentrum „Die Palme“, einem berüchtigten Asyl mit mehr als 5000 Betten, trifft Gog auf die Verlierer der Gesellschaft – bankrotte Kaufleute, schwule Lehrer, kirchenkritische Pastoren – und beginnt zu schreiben. Im folgenden Jahr gründet er die „Bruderschaft der Vagabunden“ und zugleich die Zeitschrift „Der Kunde“, die erste Straßenzeitung in Europa. Im Mai 1929 organisiert er trotz starker Behinderung durch die Polizei einen Vagabundenkongress in Stuttgart und proklamiert dort den „Generalstreik das Leben lang!“. Für eine kurze Phase gilt Gog als relevante politische Führungsfigur, aber die Bewegung der Vagabunden lässt sich kaum organisieren.

Der Autor Patrick Spät hat über Gregor Gog ein Szenario geschrieben, das auf exzellenter Recherche beruht. Es beschreibt die Gleichzeitigkeit der verschiedenen Systeme: eine schwache Demokratie, einen hemmungslosen Kapitalismus und den rasch übermächtig werdenden Faschismus. Er schildert die großen (und kleineren) Utopien der Anarchie und eines selbst bestimmten Vagabundentums. Dass Gregor Gog auch in der sowjetischen Diktatur des Proletariats verfolgt wurde, erfahren wir im Nachwort. Aus so viel Stoff eine lesbare Geschichte zu machen, gelingt Spät durch eine kluge Szenenauswahl und auch durch sinnfällig eingebundene Zitaten.

Eine entscheidende Rolle spielen aber genauso die Zeichnungen von Bea Davies. Man darf Davies getrost als die Entdeckung der deutschen Comicszene in diesem Jahr bezeichnen. Ihr Strich ist schwarz, es gibt keine Grautöne, Pinselschraffuren verleihen den realistischen Portraits und Interieurs eine expressive Dynamik, nie effektheischend, dafür aber voller origineller Lösungen. Es ist verblüffend, mit welcher Sicherheit sie ihr Seitenlayout variiert. Dass man das oft erst auf den zweiten Blick bemerkt, ist ein Indiz dafür, wie ökonomisch Bild und Text in diesem Buch zusammengehen.

Jakob Hoffmann, Frankfurt