Zum Buch:
„Das Böse“ war ein Begriff, den lange Jahre niemand, der für voll genommen werden wollte, ernsthaft in eine Diskussion über die Übel der Welt einbrachte. Aber spätestens seit den Gewaltexzessen auf dem Balkan, seit der Erfindung der „Achse des Bösen“ durch George Bush, seitdem wir von Kindersoldaten wissen oder von Zehnjährigen lesen, die in England ein Kleinkind zu Tode quälen, schwurbelt er wieder durch die Leitartikel und Feuilletons. Wenn alle Versuche scheitern, menschliches Handeln zu begreifen, versucht man es mit dem Bösen zu erklären. Je nach Weltbild ist es dann eine anthropologische Konstante, eine teuflische Kraft, Teil der göttlichen Schöpfung oder ein gesellschaftliches Phänomen.
Terry Eagleton versucht, dem Bösen auf den Grund zu gehen. Er fragt, warum es uns fasziniert und zugleich abstößt. Warum wir es fürchten, seine Macht aber auch bewundern. Worin der Unterschied zwischen „schlecht“ und „böse“ besteht. Ob es „menschlich“ ist und wenn nicht, was dann. Wie weit ist es mit unserem freien Willen her? Warum finden wir das Gute oft viel langweiliger als das Böse? Dazu befragt er die schöne Literatur, die Philosophie, die Psychoanalyse, den Marxismus und die Bibel. Er zitiert Augustinus, Hannah Arendt, William Golding, Freud und Shakespeare.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Eagleton vor seinem Thema in heiligem Ernst erstarrt. Er stellt oft mehr Fragen, als er Antworten gibt, er lädt den Leser zum Mitdenken und durchaus zum Widerspruch ein und behauptet an keiner Stelle, die endgültige Erklärung für das Phänomen zu haben, dem zudem mit dem rationalen Verstand alleine nicht beizukommen sei. Eagletons Stil ist locker, witzig und manchmal (fast zu) salopp. Das macht die Lektüre äußerst anregend und zu einem großen Vergnügen, und zumindest der laienhafte Leser ist hinterher ein Stück schlauer.
Ruth Roebke, autorenbuchhandlung marx & co., Frankfurt