Zum Buch:
Ein kurzer Brief stellt das Leben des 46jährigen Architekten Charles völlig auf den Kopf. Nur drei Worte:“Anouk ist tot”; aber mit diesen drei Worten steht ihm mit einem Schlag seine Kindheit und Jugend vor Augen. Anouk war die Mutter seines besten Freundes und seine erste Liebe, die er verraten und im Stich gelassen hat. Wie ist sie gestorben? Woran? Er spricht mit Nachbarn und Freundinnen, um etwas über ihr Leben in den letzten Jahren zu erfahren, und macht sich schließlich auf die Suche nach ihrem Sohn, seinem alten Freund, den er Jahre nicht gesehen hat. Damals war der Freund ein begnadeter Jazztrompeter, heute ist er ein Kleinbürger mit Frau und Kind in einer französischen Kleinstadt, der kein Instrument mehr anrührt. Der Besuch wäre ein reines Fiasko, wenn Charles dabei nicht zufällig Kate kennengelernt hätte, die mit einem Haufen Kinder und Tieren auf einem heruntergekommenen Hof lebt und ihm ein ganz anderes Leben eröffnet.
Eigentlich eine banale Geschichte – Midlife-Krise eines erfolgreichen Mannes samt Neuanfang mit neuer Frau
, aber “Alles Glück kommt nie” ist alles andere als banal. Es ist ein wunderschönes Märchen, bevölkert von skurrilen, liebenswerten und unvergesslichen Figuren, wie zum Beispiel dem alten Transvestiten Nounou, der weiße Tauben aus dem Ärmel zaubern kann, der schönen Anouk, die dem kleinen Charles eine Alternative zur engen Kleinbürgerlichkeit seines Elternhauses bietet und ihn mit ihrer Phantasie und Kraft verzaubert, oder der tapferen Kate, die nach dem Unfalltod ihrer Schwester deren Kindern ein ländliches Paradies bereitet. In dem kalten Schwarzweiß der Lebens und Arbeitswelt des Protagonisten wirken sie wie Technicolor-Einschübe, strahlende Ausblicke auf ein wirklich lebenswertes Leben. Anna Gavalda entfaltet das Leben ihrer Protagonisten in knappen, präzisen Szenen, lebendig, fast greifbar. Man liest das Buch, wie man einen guten Film im Kino sieht – völlig gefangen und der Welt entrückt, froh über das Happy End und mit einem anhaltenden Glücksgefühl.
Irmgard Hölscher, Frankfurt am Main