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Autor
Gstrein, Norbert

In der freien Welt

Untertitel
Roman
Beschreibung

Als Hugo, der Ich-Erzähler des Romans, die Nachricht vom gewaltsamen Tod seines Freundes John erhält, ist dieser schon seit Wochen tot. Niedergestochen in einer düsteren Gasse in San Francisco. Die Umstände des Überfalls auf ihn sind ungeklärt. Tief erschüttert beginnt Hugo, auf Johns Spuren nach Kalifornien und Israel zu reisen. Er spricht mit Menschen, die ihn gekannt haben, geht seinen eigenen Erinnerungen nach, reist an Orte, an denen sie zusammen waren. Je länger er versucht, ein klares Bild seines Freundes zu zeichnen, umso verschwommener scheint es zu werden – und mit ihm er selbst.

Norbert Gstrein hat einen packenden Roman geschrieben, der die großen Fragen nach Identität, Alter, Freundschaft, Krieg und Frieden aufwirft, ohne eindeutige Antworten geben zu wollen. „In der freien Welt“ ist eine faszinierende Lektüre, ein Buch, das man nicht aus der Hand legen mag.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Hanser Verlag, 2016
Format
Gebunden
Seiten
496 Seiten
ISBN/EAN
9783446251199
Preis
24,90 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Norbert Gstrein, geboren 1961, lebt zur Zeit in Hamburg. Er veröffentlichte Erzählungen und Romane. Norbert Gstrein erhielt unter anderem den Berliner Literaturpreis, den Alfred-Döblin-Preis, den Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung, den Uwe-Johnson-Preis und 2014 den “Literaturpreis der Österreichischen Industrie – Anton Wildgans”.

Zum Buch:

Als der österreichische Schriftsteller Hugo, der Ich-Erzähler des Romans, die Nachricht vom gewaltsamen Tod seines Freundes John erhält, ist dieser schon seit Wochen tot. Niedergestochen in einer düsteren Gasse in San Francisco. Die Umstände des Überfalls auf ihn sind ungeklärt. Hugo beginnt, John und ihrer Freundschaft nachzuspüren – in der Hoffnung, darin den Grund für dessen gewaltsamen Tod zu finden.

Wer war John? Amerikanischer Jude, charismatischer Draufgänger, begnadeter Selbstdarsteller und Frauenheld, ehemaliger Freiwilliger der israelischen Armee, kompromissloser Dichter und Maler. Hugo reist nach Kalifornien, wo John lange gelebt hat, und nach Israel, wohin es ihn immer wieder zog. Er spricht mit Menschen, die ihn kannten, erinnert sich an die Zeiten, die sie zusammen verbrachten. Nach und nach entsteht ein zweites Bild, das eines tief verunsicherten, traumatisierten Menschen, der seinen Platz in der Welt nie gefunden hat. Der in wechselnde Rollen schlüpft, die er seinem jeweiligen Publikum überzeugend vorspielt. Wie auf Johns Bild „Self-Portrait as a Hated Jew“, in dem Hugo abwechselnd ein Monster oder ein um Hilfe flehendes Wesen zu sehen glaubt.

Je länger Hugo versucht, ein klares Bild seines Freundes zu zeichnen, umso verschwommener scheint es zu werden – und damit verschwimmt auch er selbst. Sein eigenes Handeln, seine Meinungen, Positionen, all das gerät ins Wanken, als er in Israel buchstäblich zwischen die Konfliktparteien gerät.

So führt Hugo die Frage danach, wer John wirklich war, unweigerlich zur der Frage, wer er selbst eigentlich ist. Er, dessen größter Erfolg ein Buch über die Plagiatsaffäre eines hochrangigen österreichischen Politikers war, das er unter Pseudonym veröffentlicht hat. Der durch die Welt jagt, weil auch er an keinem Platz wirklich zu Hause ist. Der im Israel-Palästina-Konflikt von einer Seite auf die andere torkelt.

Norbert Gstrein hat einen packenden, vielschichtigen Roman geschrieben, dessen Themenvielfalt hier nur angerissen werden kann. Das Buch wirft die großen Fragen nach Identität, Alter, Liebe, Freundschaft, Krieg und Frieden auf, ohne eindeutige Antworten geben zu wollen. Den ganzen Text durchzieht eine tiefe Ambivalenz, die klare Zuschreibungen und Urteile verhindert. „In der freien Welt“ ist eine faszinierende Lektüre, ein Buch, das man nicht aus der Hand legen mag.

Ruth Roebke, autorenbuchhanbdlung marx & co, Frankfurt