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Autor
Oesterle, Kurt

Der Fernsehgast - Oder wie ich lernte die Welt zu sehen

Untertitel
Roman.
Beschreibung

Kein Buch und auch nicht das Leben nötigten einem je so viel Dankbarkeit ab wie das Fernsehen. Dies ist ein Credo einer schwierigen, einer glücklichen Kindheit. Eine Lebensmaxime der Familie des Erzählers prägt diese Kindheit. Sie lautet: Alles Neue ist schlecht, weil das Alte gut war und immer noch Bestand hat.

Verlag
Berlin, 2004
Format
Taschenbuch
Seiten
200 Seiten
ISBN/EAN
978-3-8333-0018-9
Preis
8,90 EUR

Zum Buch:

Kein Buch und auch nicht das Leben nötigten einem je so viel Dankbarkeit ab wie das Fernsehen. Dies ist ein Credo einer schwierigen, einer glücklichen Kindheit. Eine Lebensmaxime der Familie des Erzählers prägt diese Kindheit. Sie lautet: Alles Neue ist schlecht, weil das Alte gut war und immer noch Bestand hat. Folgerichtig wird sogleich die Errungenschaft der unheilschwanger heranrollenden “neuen Epoche” auf unbestimmte Zeit “Hausverbot” im Hause des Jungen bekommen: der Fernsehapparat. Das Schmachten des Helden nach bewegten Bildern kann nun beginnen. Auf diese Weise mutiert der Ich-Erzähler zum “Fernsehgast”. Mit spitzbübischer Dreistigkeit gelingt es ihm immer wieder, Zutritt in fremde Wohnzimmer zu ergattern. Sein erstes Filmerlebnis hat ihn verwandelt. Diese Verwandlung verlangt nach immer neuen Wiederholungen. Seine Besessenheit nach aufregenden, neuen und dazu verbotenen Bildern hetzt den Erzähler durch seine kindliche Welt. “Ich war nun ein Fernsehpilger mit höherem Segen, und als solcher saß ich am unbeschwertesten in anderer Leute Wohnstube, mit lauterem Lachen als sonst …” Ein so erschlichener Genuss läuft Gefahr, enttarnt zu werden. Als dies eintritt, verzweifeln die Eltern: “Hat der Bub denn keinen Stolz?” Und verhöhnen ihn als “Hausierer”. Ihr eigenes Heim aber bleibt weiterhin Fernseh-rein. Es gilt, den Buben vor der nervösen Welt da draußen zu beschützen. Aus diesem Grunde muss sich der ertappte “Fernsehgast” neue Strategien der Überlistung einfallen lassen, da nicht jedem Nachbarn seine unangemeldeten, unberechenbaren Stippvisiten willkommen scheinen. Beunruhigende Anzeichen von Missbilligung kündigen sich bereits an. Das Fernsehen im allgemeinen und der Fernseher im besonderen sind Chiffren einer nebulösen Gefährdung, ja Verstörung eines Familienselbstverständnisses, welches die bigotte Großmutter mit ihren allabendlichen Gebeten vergebens zu retten sucht: Das Neue ist gefährlich, weil es unnütz ist! Oesterles Roman ist ein vergnügliches Panoptikum der vielleicht stärksten menschlichen Triebfeder: der Neugierde, welche er raffiniert in einer Welt der Kindheit verortet. Diese Lektüre sei jedem empfohlen, der meint, eine Zeit ohne Fernsehen hätte es nie gegeben. Norbert Joseph Krahlenburg (Listen)