Zum Buch:
Ein Haus am Waldrand. Hier lebten Vater August und Mutter Inge mit den Kindern Margarethe, Peter und Karin. Als Lisa, das Pflegekind, in die Familie aufgenommen wird, sind Karin und sie beide im schulpflichtigen Alter. Zwischen ihnen entwickelt sich sehr schnell eine nahezu symbiotische Beziehung. Sie teilen sich nicht nur ein Zimmer, sie erkunden, entdecken, erträumen, erspielen und erleben auch die Welt und die Natur gemeinsam. In ihrer Zweisamkeit findet niemand anderer Platz. Bis eines Tages, in der Pubertät, etwas Schrecklich passiert.
Die Folge, der Tod des Vaters, zerreißt auch die Familie. Wer trägt die Schuld an seinem Tod? War es Selbstmord oder Mord? Welche Grenze hat Vater August, „der Puppenspieler“, überschritten? Warum muss Lisa nach Augusts Tod die Familie verlassen?
Ob Karin auf all diese Fragen tatsächlich Antwort bekommen möchte, bleibt offen. Traumatisiert von den Erlebnissen sind beide. Lisa lebt seit langem in einer psychologisch betreuten Wohngemeinschaft. Karin ist in das Haus am Waldrand zurückgekehrt, lebt dort mit ihrem Freund Alexander. Nichts hat sie verändert in diesem Haus, alles, wie in ihren Kindertagen, an seinem Platz gelassen. Obwohl die Familie und ihr Freund dagegen sind, nimmt Karin Lisa zu sich. Lisa scheint apathisch – Karin umsorgt sie, wäscht, kämmt und füttert sie. Wischt Erbrochenes auf, geht mit ihr spazieren.
In Rückblicken drängen die Erinnerungen von damals bruchstückhaft an die Oberfläche. Tauchen aus ihren Seelen auf, manifestieren sich in ihren Köpfen und reißen sie in neue zerstörerische Strudel. Ein psychologisches Katz und Maus Spiel beginnt.
Dieser Debüt-Roman ist bemerkenswert, geht unter die Haut. Die Worte und Sätze tun weh, beschäftigen – tagelang. Man möchte das Buch weglegen – so intensiv zeigt es die Abgründe und das menschliche Leid. Aber die Autorin versteht es, zu fesseln und zum Hinschauen zu zwingen. Mehr als jeder Tatsachenbericht zeigt dieser Roman die lebenslangen Nachwirkungen des Missbrauchs. Die Vielschichtigkeit dieses Buches ist in einer Besprechung nicht zu fassen, dieses Buch muss gelesen werden!
Brigitte Hort, Eitorf