Belletristik

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Buchempfehlung Belletristik

Autor
Köhlmeier, Michael

Die Abenteuer des Joel Spazierer

Untertitel
Roman
Beschreibung

Da spaziert ein Mann elegant und leichtfüßig durch das 20. Jahrhundert, von Ungarn über Österreich und die DDR in die weite Welt hinein. Was er in seinem Leben anrichtet, bildet en miniature das ab, was sich in der Geschichte Europas und der ganzen Welt von 1919 bis in das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts hinein ereignet hat. Und obwohl der Mann ein Mörder ist, ein Dieb, ein Lügner, Erpresser, Stricher und Fälscher, möchte man als Leser seinen Spuren immerzu weiter folgen und ist überaus enttäuscht, wenn man sich am Ende dieses bunten Schelmenromans in der eigenen Umgebung wieder findet.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Hanser Verlag, 2013
Format
Gebunden
Seiten
656 Seiten
ISBN/EAN
978-3-446-24178-7
Preis
24,90 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Michael Köhlmeier, 1949 in Hard am Bodensee geboren, lebt als Schriftsteller in Hohenems / Vorarlberg und Wien. Bei Hanser erschienen die Romane Abendland (2007) und Madalyn (2010) sowie der Gedichtband Der Liebhaber bald nach dem Frühstück (Edition Lyrik Kabinett 2012) und zuletzt der Roman Die Abenteuer des Joel Spazierer (2013).

Zum Buch:

Da spaziert ein Mann elegant und leichtfüßig durch das 20. Jahrhundert, von Ungarn über Österreich und die DDR in die weite Welt hinein. Was er in seinem Leben anrichtet, bildet en miniature das ab, was sich in der Geschichte Europas und der ganzen Welt von 1919 bis in das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts hinein ereignet hat. Und obwohl der Mann ein Mörder ist, ein Dieb, ein Lügner, Erpresser, Stricher und Fälscher, möchte man als Leser seinen Spuren immerzu weiter folgen und ist überaus enttäuscht, wenn man sich am Ende dieses bunten Schelmenromans in der eigenen Umgebung wieder findet.

Als András Fülöp wird dieser Mann in Budapest geboren. Den später von ihm selbst gewählten Namen “Joel Spazierer” macht er in seinem erwachsenen Leben zum Programm. Und wenn es opportun erscheint, sich nach einem der großen Arbeiterführer der DDR zu benennen – bitte schön, dann wird eben eine dritte Identität erfunden. Dass der Erzähler seine verschiedenen Identitäten zwar in Form diverser Pässe zwischen ledernen Buchdeckeln verborgen mit sich herumtragen – was für ein herrliches Bild im Bild! – und nach Belieben wechseln kann, seine Taten ihn aber in der Realität der Fiktion immer wieder einholen, ist vielleicht das Einzige, das in diesem Buch an eine “Moral von der Geschicht” erinnert.

Wie in einem Atemzug liest sich dieser Schelmenroman, der voller Überraschungen steckt, den Leser ohne jegliche Anstrengung in die erzählten Zeiten springen lässt und dabei großartigen Genuss bereitet. Das liegt an Köhlmeiers Erzählweise, die an die Stelle einer in historischem Sinne wertenden Schwarz-Weiß-Malerei die Farbigkeit eines gelebten Lebens setzt. Als Leser und Zeitgenosse entgeht man für eine kurze Weile den Fallen unserer Welt: Nie wird man dazu gedrängt, sich einer wertenden Betrachtung von Ereignissen anzuschließen, die immer auch einen manipulativen Moment beinhaltet. Die Untaten dieses Helden werden mit herrlich unbekümmerter Leichtigkeit geschildert. Das macht die Magie des Romans aus, das macht ihn so unwiderstehlich.

Susanne Rikl, München