Zur Autorin/Zum Autor:
Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag. Das Paar hat vier Kinder und lebt mit zwei Hunden in einem Dorf bei Hamburg.
Es heißt, wenn einer eine Reise tut, dann kann er viel erzählen, doch wenn gleich ganze zwei Dutzend alte, auf allen Weltmeeren erfahrene Kapitäne ihre Erlebnisse zum Besten geben, dann kann man sich auf etwas gefasst machen.
(ausführliche Besprechung unten)
Es gibt mit Sicherheit kaum etwas, das mit dermaßen abgedroschenen Klischees behaftet ist wie eine Runde altgedienter, graubärtiger Kapitäne. Vor allem dann nicht, wenn sie sich eingefunden haben, um sich gegenseitig mit ihrem Seemannsgarn zu übertrumpfen, indem sie von haushohen Kaventsmännern, Südseeschönheiten, Zechgelagen und übelsten Schlägereien schwadronieren, aus denen sie in einer der vielen Hafenkneipen rund um den Globus als Sieger hervorgegangen sind.
Tatsächlich wäre es gewiss eine wahre Freude, den alten Haudegen, den Teerjacken und Seebären bei ihrem Spinnen von faustdickem Seemannsgarn zuzuhören.
Was aber, wenn all diese Geschichten wahr wären? Wenn sich all das Zusammengesponnene tatsächlich so und nicht anders zugetragen hätte und man vor Ungläubigkeit und Staunen den Mund nicht mehr zu bekäme?
Genau das ist es, was der Journalist Stefan Kruecken bereits in seinem dritten Band über die wahren Erlebnisse von Kapitänen zusammengetragen hat: echte Abenteuer, am eigenen Leib Erfahrenes und doch so unglaublich, als wäre es erfunden. Wie zum Beispiel die Geschichte Kapitän von Staas, dessen Steuerungsanlage inmitten eines der schrecklichsten Winterstürme vor der Ostküste Grönlands komplett ausfällt, so dass das Schiff manövrierunfähig den tobenden Naturgewalten ausgesetzt ist. Oder jene von Horst Hahn, dessen Mannschaft sich zunächst über die Künste des neuen chinesischen Kochs freut, bevor man sich gleich über zwei Dinge zu wundern beginnt: 1. Woher kommt eigentlich die große Menge an Hühnchen, die auf dem Speiseplan steht? 2. Wie kann es sein, dass die ständige Rattenplage auf dem Schiff so plötzlich nachgelassen hat? Es finden sich aber auch Geschichten, die ebenso gegenwärtig wie aufwühlend sind, wie beispielsweise jene von Kapitän Schmidt, dessen Schiff ausgerechnet auf Schmidts letzter Reise in einem süditalienischen Hafen beschlagnahmt und er selbst festgenommen und ins Gefängnis gesteckt wird. Der Anklagegrund: Schleuserei, denn der Kapitän hat mehrere Dutzend Schiffbrüchige aufgenommen und damit vor dem sicheren Tod bewahrt.
Die Geschichten, die Stefan Kruecken hier zusammengetragen hat, stammen von den Kapitänen selbst und werden daher auch so geradeheraus und bar jeglichen Getues erzählt wie nur möglich, was ihnen zusätzlich ein Höchstmaß an Authentizität verleiht. Es sind Geschichten aus vergangenen Zeiten und auch solche, die aktueller nicht sein könnten, doch alle haben eines gemeinsam: Sie sind unglaublich spannend.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln