Zum Buch:
Eine bessere Patin für die Reihe Femmes de Lettres, die sich der Herausgabe wichtiger Autorinnen des 16.,17. und 18. Jahrhunderts widmet, hätte sich kaum finden lassen. Der Widmungsbrief, den die Lyrikerin Lousie Labé ihrem Werk bei der Veröffentlichung voranstellte, ist ein feministischer Aufruf. „Da die Zeit gekommen ist, Mademoiselle, wo die strengen Gesetze der Männer die Frauen nicht länger daran hindern, sich der Gelehrsamkeit und den Künsten zu widmen“ fordert Labé, „dass diejenigen, die in solch günstigen Umständen leben, diese schickliche Freiheit […] zum Studium nutzen“. Die Autorin widmet ihr Gesamtwerk, das Sonette, Elegien und ein dramatisches Streitgespräch umfasst, in einem Brief all jenen Frauen, die die neu erworbenen Freiheiten und Möglichkeiten im Lyon des Humanismus zum Studium und zur Kunst nutzen. Wie es dem zeitgenössischen Trend des Petrarkismus entspricht, ist das zentrale Thema in Labés Werk die Liebe; genauer die unerwiderte Liebe. Dass Labé über breite literarische Kenntnisse verfügte, lässt sich sowohl stilistisch als auch inhaltlich deutlich erkennen. Am berühmtesten unter ihren Dichtungen sind die Sonette, welche vor allem durch Rainer Maria Rilke in Deutschland bekannt gemacht wurden. Rilkes begeisterte Adaption ihrer Gedichte in deutscher Sprache nahm sich, wie auch spätere Herausgaben ihrer Lyrik, große künstlerische Freiheiten. Dagegen liegt der Fokus dieser Ausgabe auf dem französischen Originaltext, dem die deutsche Übersetzung eher zum Verständnis an die Seite gestellt wird, statt eine poetische Nachbildung anzustreben; eine Entscheidung, die der Idee der Ausgabe gerecht wird.
Bei Louise Labés Werk handelt sich sicher nicht um eine voraussetzungsarme Lektüre, sie gehört jedoch fest zum Kanon der europäischen Lyrik und Literatur, und die Ausgabe des Secession Verlags und die Übersetzung von Monika Fahrenbach-Wachendorff tragen dem Rechnung.
Theresa Mayer, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt