Belletristik

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Buchempfehlung Belletristik

Autor
Le Huche, Magali

Nowhere Girl

Untertitel
Aus dem Französischen von Silv Bannenberg
Beschreibung

Man hat es geahnt. Die Beatles helfen gegen ziemlich viel, warum nicht auch gegen Depression und Angststörungen? Aber der Reihe nach.

Magali ist elf Jahre. Sie fiebert ihrem ersten Tag in der weiterführenden Schule entgegen.Die Erwartungen sind hoch. Aber es läuft nicht so glatt für Magali wie erhofft. Die strenge Französischlehrerin macht ihr zu schaffen, die Angst vor schlechten Noten. Die Eltern, beide Psychologen, sind keine große Hilfe und überschütten sie mit Ratschlägen. Das Mädchen entwickelt kleine Ticks, die sich schnell als Zwangshandlungen entpuppen. Immer schwerer wird der Weg zu Schule, schließlich gelingt er gar nicht mehr: „Jetzt war es raus. Ich hatte eine Schulphobie. Das klang noch viel schlimmer als Legasthenie.“
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Reprodukt Verlag, 2022
Format
Gebunden
Seiten
120 Seiten
ISBN/EAN
978-3-95640-359-0
Preis
24,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Magali Le Huche, geboren 1979 in Paris, hat gleich nach dem Studium an der Kunsthochschule in Straßburg ihre ersten zwei Bilderbücher illustriert. Seitdem sind zahlreiche dazugekommen. Heute arbeitet sie für verschiedene Kinderbuchverlage und Zeitschriften und lebt in Paris.

Zum Buch:

Man hat es geahnt. Die Beatles helfen gegen ziemlich viel, warum nicht auch gegen Depression und Angststörungen? Aber der Reihe nach.

Magali ist elf Jahre. Sie fiebert ihrem ersten Tag in der weiterführenden Schule entgegen. „Cool sein würde ich und mich wohlfühlen, redete ich mir ein, eine Metamorphose binnen eines Sommers.“ Die Erwartungen sind hoch. Aber es läuft nicht so glatt für Magali wie erhofft, nicht so glatt wie bei der großen Schwester. Die strenge Französischlehrerin macht ihr zu schaffen, die Angst vor schlechten Noten. Die Eltern, beide Psychologen, sind keine große Hilfe und überschütten sie mit Ratschlägen. Das Mädchen entwickelt kleine Ticks, die sich schnell als Zwangshandlungen entpuppen. Aus Vorfreude ist Angst geworden. Immer schwerer wird der Weg zu Schule, schließlich gelingt er gar nicht mehr: „Jetzt war es raus. Ich hatte eine Schulphobie. Das klang noch viel schlimmer als Legasthenie.“ Magali beginnt eine Therapie und wird zu Hause unterrichtet.

Magali ist ein Groupie. Als Kind schon himmelt sie Idole an – den Weihnachtsmann, dann Jesus, der wird abgelöst von Christopher Lambert. Es folgen weitere Pop- und Filmstars. Fan sein gibt der Heranwachsenden eine Orientierung in einer komplizierten Welt. Über ihre Schwester lernt sie die Beatles kennen und verfällt ihnen umgehend. Wir sind in den frühen 90ern und ganz Frankreich schwärmt für Patrick Bruel, keine leichte Zeit für Beatles-Fans. Für Magali aber sind sie die Freunde, die sie durch die Pubertät bringen. Peinigenden Brust- und Schamhaarvergleichen im Schwimmbad entkommt sie im gelben Unterseeboot. Irgendwann bemerkt Magali das Ausmaß ihrer Isolation und beschließt, es mit der Schule wieder zu versuchen. Ihre Leidenschaft fürs Zeichnen hilft ihr dabei ebenso wie ein unterstützendes Umfeld.

Magali Le Huches Stil ist von unwiderstehlicher Leichtigkeit, erinnert ein wenig an Riad Sattouf (Der Araber der Zukunft), sehr französisch. Besonders beeindruckend ist ihr Einsatz der Farben. Sie kommen in Magalis Eintauchen in die Songs der Beatles ebenso zum Einsatz wie in der Darstellung von Druck und Depression. Das passt im Kontrast zu dem ernsten Thema sehr gut, macht sich Le Huche doch keineswegs lustig über das Verhandelte, sondern ermöglicht einen ziemlich offenen Zugang. Es ist eine besondere Stärke von Comics – diese Erkenntnis hat sich in unserem Nachbarland schon lange durchgesetzt –, dass sie einen direkten Zugang auch zu komplizierten Problemen anbieten können, egal ob es um Politik, Klimakatastrophe, Geschichte oder eben auch Krankheit geht. Mit ihrem autobiografischen Comic schildert Magali Le Huche, wie sich Schulangst anfühlt, wie verzweifelt sie Kinder macht und wie Geduld und Verständnis einen Ausweg weisen können – with a little help from my friends.

Jacob Hoffmann, Frankfurt a.M.