Zum Buch:
Im Anschluss an die namenlose Katastrophe ist die Welt eine andere geworden und gleicht einer Ödnis wie zu Anbeginn der Schöpfungsgeschichte. Ascheregen. Fahlgrauer Himmel. Jeder Tag dunkler als der vorherige. Ein todkranker Mann und sein Sohn schieben ihre gesamte Habe in einem Einkaufswagen die Straße entlang; sie gehen Richtung Süden, Richtung Meer, denn eine weitere Winterkälte würden sie nicht überstehen. Auf ihrem beschwerlichen Weg durch eine postapokalyptische, menschenfeindliche Landschaft begegnen sie Überlebenden, die verzweifelt genug sind, um für Essen zu töten. Bald müssen Vater und Sohn entscheiden, ob auch sie weiterhin zu den Guten gehören wollen.
Ich erinnere mich, dass ich den Roman Die Straße von Cormac McCarthy, als er 2007 auf Deutsch erschien, vom Anfang bis zum Ende an einem Tag durchgelesen und noch im Morgengrauen die Rezension dazu beendet hatte. Obschon ich damals die vorhergegangenen Bücher des 2023 verstorbenen Autors schon allesamt kannte und ungemein schätzte, war Die Straße für mich in etwa vergleichbar mit dem Zenit einer langen, erfolgreichen Schaffensphase, und seitdem habe ich das Buch wiederholt gelesen.
Es verwundert daher nicht, dass ich mich maßlos freute, als im für seine herausragenden Romanadaptionen bekannten Reprodukt Verlag diese Graphic-Novel erschien. Der französische Künstler Manu Larcenet, der bereits Philippe Claudels Brodecks Bericht gekonnt in Szene gesetzt hat, überzeugt auch diesmal mit seiner Bildgewalt.
Die in schwarzweiß gehaltene Graphic-Novel, die meist ohne jeglichen Text auskommt, zeugt von einem tiefen Gespür für Atmosphäre, für innere wie äußere Konflikte; die wenigen „gesprochenen“ Texte sind gut übersetzt und an den richtigen Stellen gekonnt platziert, sodass diese Adaption dem Wesen des Romans, der neben aller Endzeitstimmung auch von Hoffnung und Liebe spricht, vollauf gerecht wird.
Axel Vits, Köln