Zum Buch:
„Dieses Tagebuch enthält keine interessante Geschichte und kein interessantes Abenteuer.“
Mit diesen Worten beginnt Guy de Maupassant, auf dem Höhepunkt seines Ruhmes angekommen, den Reisebericht „Auf See“, der zum ersten Mal 1888 erschienen ist und eine Trilogie von kurzen Reiseberschreibungen abschließt.
Im Frühjahr 1887, nachts, noch vor dem Morgengrauen, während schneekalter Wind aus dem Gebirge ins Tal und zur Bucht hinabfährt, lässt der Schriftsteller Maupassant auf seinem Schiff die Anker lichten und verlässt die Bucht von Antibes, um sich auf eine zehntägige Seereise entlang der Küste bis nach Saint-Tropez zu begeben. „Ich spüre, wie der Rausch des Alleinseins in mich eindringt“, heißt es an einer Stelle, und weiter: „Zu meiner Bedienung und zum Segeln habe ich zwei Matrosen, … ein paar Bücher zum Lesen und Lebensmittel für vierzehn Tage. Vierzehn Tage, ohne zu sprechen, welche Freude!“
Doch es kommt anders; schlechtes Wetter zwingt das Schiff in einen sicheren Hafen und den Einsamkeitssuchenden zu einem ersten Landgang. Es soll nicht der letzte bleiben. Auf für Maupassant gewohnt kritisch-spöttische Weise nimmt er dabei die Oberflächlichkeit seiner Zeitgenossen aufs Korn, regt sich über deren loses Gerede auf, gerät ob der geistlosen Banalitäten, die er hier und dort mit anhören muss, richtiggehend in Rage, hält es daher auch nie länger als unbedingt nötig an Land aus und flieht rasch wieder zurück auf sein Schiff, um das Weite zu suchen.
Die Lektüre „Auf See“ ist dazu angetan, den Leser in die Gedankenwelt eines der größten französischen Romanciers einzuführen, dessen beißender Spott für Kurzweil sorgt, uns Heutige jedoch auch zum Nachdenken und zum Schmunzeln anregt. Und als Sahnehäubchen obendrauf gibt es noch ein Nachwort von keinem geringeren als Julian Barnes, das man gerne auch ein zweites Mal liest – mindestens.
Axel Vits, Der andere Buchladen, Köln