Zum Buch:
Schwermütig, grüblerisch, zynisch und, was die äußere Ordnung betrifft, chaotisch aber glasklar in seinen Gedankengängen, Analysen und Schlussfolgerungen: das ist Laidlaw, der im deutschsprachigen Raum noch weitgehend unbekannte, im englischsprachigen Raum aber längst zur Kult-Figur avancierte schottische Detektiv. Als Einzelgänger mit eigenen moralischen Grundsätzen erinnert er ein wenig an Philipp Marlowe, den berühmten amerikanischen Detektiv des Roman noir.
Ein 18-jähriges Mädchen wird ermordet. Sexualmord oder Verzweiflungstat? Der Mörder irrt durch das nächtliche Glasgow, irritiert darüber, zu welch grausamer Tat er fähig war und ist, aber er weiß auch, dass von nun an nichts mehr so sein wird wie zuvor. Ein altes, verlassenes Gebäude, das er von früher kennt, wird zu seinem Unterschlupf. Schließlich verlässt er sein Versteck kurz, um die einzige Person anzurufen, von der er Hilfe erhoffen kann.
Aber die Treibjagd hat längst begonnen. Der Vater des Mädchens, ein der Polizei hinreichend bekannter und zur Gewalt neigender Ganove, sucht den Weg der eigenen Gerechtigkeit. Über Mittelsmänner bekommt er Kontakt zur „Unterwelt“ und hofft auf Informationen, die ihn zum Mörder führen. Auch Laidlaw scheut die krummen Wege nicht. Er kennt das Milieu sehr gut und hat beste Verbindungen zu Spitzeln und Machern der Szene. Das erstaunt seinen Assistenten Harkness, der nicht nur helfen, sondern auch auf Laidlaw aufpassen soll. So wird er Zeuge einer ungewöhnlichen Ermittlung.
Die einzige Vertrauensperson des Mörders, Harry Rayburn, stammt ebenfalls aus dem Milieu und hat dorthin beste Kontakte. Harry Rayburns Beziehung zu dem „Jungen“ ist ungewöhnlich und er setzt alles daran, ihm zu helfen. Dass sein Kontakt zum Milieu doppelbödig ist, merkt er zu spät. Ein Wettrennen mit der Zeit hat begonnen. Wer wird als erster vor Ort sein – der Polizist, um den Mörder zu fassen, der Vater, um ihn zu richten, oder Rayburn, um ihm zur Flucht zu verhelfen?
Hier wird realistisch, ja fast dokumentarisch erzählt. Soziale Brennpunkte werden aufgezeigt, Charaktere knapp, aber treffend beschrieben. Zugegeben, es dauert ein klein wenig, bis man in McIllvanneys spröder Sprache angekommen ist, aber unvermittelt befindet man sich in ihrem Sog. Aufhören zu lesen kann man dann nicht mehr.
„William McIlvanneys Romane um den legendären Ermittler Jack Laidlaw sind in Großbritannien schon lange Kult und gehören schlicht zum Besten, was Kriminalliteratur zu bieten hat“, heißt es im Klappentext. Ein großes Danke also dem Kunstmann Verlag, der nach 37 Jahren dem großartigen Detektive Laidlaw endlich den Weg auch zu den deutschen Krimi-Fans geebnet hat.
Brigitte Hort, Eitorf