Zum Buch:
Ein wahnwitziges Buch, das damit beginnt, dass bei dem jungen Musiker Anton Windl im Gebiss Überreste einer prähistorischen Spange gefunden werden. Untersuchungen beginnen, der Patient wird ständig in der Praxis untergebracht, Experten reissen sich um ihn. Sein Vertrauensarzt Dr. Berg versucht, ihm seine Geschichte zu entlocken. Denn obwohl Fragmente auftauchen, ist Anton Windl sich seiner Persönlichkeit nicht sicher, er leidet unter “Dysfabulie”, der Dr. Berg mit einer “Narrator” genannten Apparatur zu Leibe rücken will. Ist Anton Windl tatsächlich mehrere tausend Jahre alt und unsterblich? Es gibt Erinnerungen an Versuche zu einer optimalen Hinrichtungsmaschine unter einem Mysteriösen “Chef”, nach denen sich Windls Körper wieder reorganisierte. Auch scheint sein Mund fähig zu sein, die räumliche Ausdehnung ganzer Planetensysteme anzunehmen, Meteoriteneinschläge in Antons Gebiß spielen eine Rolle. Und dann gibt es noch die frühe “Rhaeland-Kultur”, in welcher man den Schall verehrte und ausgewählten Kindern Spangen eingesetzt wurden, über die der Schall direkt auf die Schädelknochen übertragen wurde. Berge und Täler wurden ohne Rücksicht auf Verluste an Menschenleben im Klangkörper umgewandelt. War Anton Windl das “Spangenkind”, das als einziges den Untergang dieser Gesellschaft überlebte? Fast harmlos dagegen sind die Erinnerungsfragmente einer bürgerlichen Kindheit, in der Anton nur Eltern, Lehrern und Zahnärzten ausgesetzt ist, die fanatisch auf seine Zahnstellung fixiert sind, so daß ihm schon als Säugling die erste Spange angepasst wird. Gegen Ende schreibt Dr. Berg ein Buch über seinen Patienten, wahrscheinlich das, welches wir gerade gelesen haben. Michel Mettler hat eine furiose Geschichte erfunden, deren Vermischung von phantastischen mit realistischen Elementen fast schon an die großen Romane von Thomas Pynchon erinnert.
Nicole Eckert / ROSTA Buchladen / Münster