Belletristik

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Buchempfehlung Belletristik

Autor
Rathgeb, Eberhard

Kein Paar wie wir

Untertitel
Roman
Beschreibung

Dies ist die Geschichte einer lebenslangen Liebe, einer Beziehung, die in der frühesten Kindheit beginnt und erst im hohen Alter mit dem Tod endet. Es ist die Geschichte der Schwestern Ruth und Vika. Die über achtzigjährigen Frauen leben zusammen in einem großzügigen Appartement in Buenos Aires und teilen ihren Alltag, wie sie das schon ein Leben lang getan haben. Ihre Gespräche drehen sich um Erinnerungen. Sie nennen sich glücklich…
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Hanser Verlag, 2013
Format
Gebunden
Seiten
192 Seiten
ISBN/EAN
978-3-446-24131-2
Preis
17,90 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Eberhard Rathgeb wurde 1959 in Buenos Aires geboren und folgte mit vier Jahren seinen Eltern und Geschwistern nach Deutschland. Vor sieben Jahren wechselte er mit Frau und Kind aus den Städten aufs Land. Er war Feuilletonredakteur bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und ihrer Berliner Sonntagsausgabe.

Zum Buch:

Dies ist die Geschichte einer lebenslangen Liebe, einer Beziehung, die in der frühesten Kindheit beginnt und erst im hohen Alter mit dem Tod endet. Es ist die Geschichte der Schwestern Ruth und Vika. Die über achtzigjährigen Frauen leben zusammen in einem großzügigen Appartement in Buenos Aires und teilen ihren Alltag, wie sie das schon ein Leben lang getan haben. Fast alles, was sie tun, tun sie gemeinsam, nie wird es ihnen zu viel, zusammen zu sein, nie geht ihnen der Gesprächsstoff aus, und da in ihrem Leben nichts neues mehr passiert, kreisen ihre Gedanken und Gespräche um die Vergangenheit. Es sind Erinnerungen an die Kindheit und Jugend in Argentinien, wohin die Eltern noch vor Hitlers Machtergreifung ausgewandert waren. An den tyrannischen, selbstbezogenen Vater, die kalte, depressive Mutter. Um in dieser Dürre zu überleben gab es für die Schwestern nur eines: sie mussten sich bedingungslos aufeinander verlassen.

Immerhin haben die Eltern es ihnen ermöglicht, Sprachen zu lernen, und so sprechen die beiden perfekt Deutsch, Spanisch und Englisch. Mehr Kapital hat Ruth nicht im Gepäck, als sie als junge Frau in die USA ausreißt, wo sie schnell Fuß fasst, eine gute Arbeit findet und genug Geld verdient, um zwei Jahre später Vika zu sich zu holen.

Damit beginnt die glücklichste Zeit in ihrem Leben, eine Zeit, an die die Schwestern sich immer und immer wieder erinnern: Zwei noch junge Frauen in guten Stellungen, die viel reisen, ins Theater und in Konzerte gehen, für sich selber sorgen, für einander da sind und niemanden anderes brauchen, weil sie sich alles geben können, was sie vom Leben erwarten. Männer haben darin keinen Platz, Ehe und Familie waren nie eine Option. Bis die Eltern alt werden und sie wieder zurück nach Argentinien gehen, um für sie zu sorgen.

„Ruth und Vika sind Frauen ohne Männer, Frauen ohne Kinder, und sie sind glücklich“ heißt es im Klappentext. Aber das stimmt nur zum Teil. In die kreisenden, fast formelhaften Dialoge und Gedanken der Schwestern schleichen sich neben allen Beschwörungen ihres Erfolgs im Leben zunehmend Erinnerungen an die Eltern und die Kindheit. Als junge Frauen konnten sie vor den alles erstickenden Ansprüchen den Eltern fliehen, aber jetzt, im Alter, legt sich die Kindheit wie Mehltau auf ihre Erinnerungen.

Was das Buch zu einer faszinierenden Lektüre macht, ist seine Uneindeutigkeit. Je länger man liest, umso mehr wächst die Irritation. Sind die beiden wirklich glücklich oder machen sie sich etwas vor? Ist das Selbstbestimmung oder Selbstbetrug, Lebensklugheit oder Verzicht auf ganzer Linie? War das nun ein erfülltes Leben oder eine verzweifelte Symbiose als einzige Möglichkeit des Überlebens? Der Text lässt alle Möglichkeiten offen, und jeder mag ihn anders interpretieren, wie zwei höchst unterschiedliche Besprechungen von Wiebke Porombka in der FAZ und von Ursula März im Deutschlandradio zeigen.

Ruth Roebke, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt