Belletristik

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Buchempfehlung Belletristik

Autor
Rees, Matt B

Der Verräter von Bethlehem

Untertitel
Omar Jussufs erster Fall. Aus dem Englischen v. Sigrid Langhaeuser
Beschreibung

Omar Jussuf ist Geschichtslehrer für muslimische und christliche Kinder in Bethlehem, ein aufgeklärter, aber auch streitbarer Mann, den seine Vorgesetzten lieber heute als morgen im Ruhestand sehen möchten. Die christliche Minderheit schmilzt immer mehr zusammen, und gerade als Omar Jussuf sich dazu durchgerungen hat, mehr Abstand von der Schule zu gewinnen, wird einer seiner ehemaligen Lieblingsschüler verhaftet.
(Klappentext)

Verlag
Beck Verlag, 2008
Format
Gebunden
Seiten
327 Seiten
ISBN/EAN
978-3-406-57035-3
Preis
17,90 EUR

Zum Buch:

„Der Verräter von Bethlehem“ ist nicht nur „Omar Jussufs erster Fall“, wie es der Verlag ankündigt, sondern auch der erste Krimi mit einem palästinensischen Ermittler überhaupt. Omar Jussuf, Geschichtslehrer an einer Schule im Füchtlingslager Dehaischa, entspricht so wenig dem Klischee des alerten Aufklärers wie das Buch einem klassischen Krimi entspricht: Jussuf ist alt und krank, aber als begeisterter Lehrer ist er sich seiner Vorbildfunktion für junge Menschen stets bewusst. Was er ihnen beibringen will, ist selbstständiges Denken und Integrität. Beides muss er selbst beweisen, als ein Kämpfer der Märtyrerbrigaden, der Mann einer ehemaligen Schülerin, von israelischen Soldaten erschossen wird – offensichtlich verraten von einem Kollaborateur. Der Verdacht fällt auf einen anderen seiner ehemaligen Schüler, den Antiquitätenhändler George Saba. Jussuf ist sich sicher, dass George unschuldig ist und als Christ nur den Sündenbock für den wahren Täter abgibt, den er im Kreis der Märtyrerbrigaden selbst vermutet. Gegen den Widerstand seiner Familie setzt er sich auf die Spur des Mörders, wohl wissend, dass er angesichts der Korruption und Gewalt in Bethlehem kaum eine Chance hat.  

M. B. Rees, der in Jerusalem als Bürochef von Time gearbeitet hat, liefert in diesem Buch eine anschauliche und einprägsame Beschreibung des Alltags im Westjordanland. Er schildert den Zerfall einer Gesellschaft, die von korrupten, brutalen Milizen beherrscht wird und in der es keine Instanz mehr gibt, die in der Lage wäre, die Bevölkerung zu schützen. Die Menschen sind gefangen zwischen den Israelis, die Zerstörung verbreiten, und den Märtyrerbrigaden, die in die Häuser eindringen, von dort das Feuer auf die Israelis eröffnen und mit den dadurch provozierten Gegenschlägen das Leben der Bewohner aufs Spiel setzen. Tod und Gewalt prägen den Alltag und bilden einen idealen Nährboden für Hass und Vorurteile. Mit seinem Protagonisten, der so tapfer versucht, in dieser verzweifelten Situation Menschlichkeit und Integrität zu bewahren, hat der Autor einen Helden geschaffen, der für eine andere nahöstliche Kultur steht und uns deren Toleranz, Großzügigkeit und Klugheit vermittelt. Auf weitere Fälle von Omar Jussuf darf man gespannt sein.    

Irmgard Hölscher, Frankfurt am Main