Belletristik

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Buchempfehlung Belletristik

Autor
Stangl, Thomas

Regeln des Tanzes

Untertitel
Roman
Beschreibung

Zwei Schwestern leben gemeinsam in Wien und sind trotzdem in Einsamkeit gefangen. Dr. Walter Steiner, ein gut aussehender Mittsechziger, findet in einer Mauerritze zwei Dosen mit nicht entwickelten Filmen, die ihn auf die Spuren dieser Frauen führen. Doch es ist weit mehr, was Steiner mit Mona und ihrer älteren Schwester verbindet.
(ausführliche Besprechung unten)

Auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis 2013

Verlag
Droschl Verlag, 2013
Format
Gebunden
Seiten
280 Seiten
ISBN/EAN
9783854208464
Preis
22,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Thomas Stangl, 1966 in Wien geboren, studierte Spanisch und Philosophie und veröffentlichte bisher in Literaturzeitschriften. Thomas Stangl lebt in Wien.

Zum Buch:

Zwei Schwestern leben gemeinsam in Wien und sind trotzdem in Einsamkeit gefangen. Dr. Walter Steiner, ein gut aussehender Mittsechziger, findet in einer Mauerritze zwei Dosen mit nicht entwickelten Filmen, die ihn auf die Spuren dieser Frauen führen. Doch es ist weit mehr, was Steiner mit Mona und ihrer älteren Schwester verbindet.

Wien im Jahr 2000: Die beiden jungen Frauen fliehen vor ihrer Vergangenheit, wollen die Erinnerungen an den Selbstmord des Vaters auslöschen, weil dort der Schmerz lauert, die Selbstverachtung, das Nichts, das sie getan haben oder hätten tun können, um seinen Tod zu verhindern. Die Ältere, Anglistikstudentin, demonstriert gegen die FPÖ, die jetzt “unter der Leitung von zwei bösartigen Gnomen” Österreich regiert. Mona, die jüngere, verschwindet, lebt ihren eigenen Protest gegen den Sieg des Bürgerlichen, läuft durch Wälder, durch die Stadt, bis sie den Tanz des Lebens gegen den des Todes eintauscht.

15 Jahre später: Dr. Walter Steiner wünscht sich sehnlich, sich unsichtbar machen zu können, ob in seiner Partnerschaft, die keine mehr ist, oder auf den Straßen Wiens. Als er die Filmdosen findet und die Filme entwickeln lässt, sieht er auf den Bildern die jungen Frauen im Vorgarten ihres Elternhauses, Monas Zimmer nach ihrem Verschwinden und ihr Grab am Tag ihrer Beerdigung. Steiner sucht den Kontakt zu der älteren Schwester, deren Namen man erst am Ende des Romans erfährt.

Die drei Figuren, deren Leben durch einen Zufall verknüpft werden, sind verloren in ihren Körpern, ihren Erinnerungen, in der Welt, ja sogar in der Zukunft. Sie alle suchen die Abstraktion, die Abstraktion in der Kunst, im Tod, im Tanz, im Denken.

Die Handlung tritt auch in diesem Roman des Wiener Schriftstellers zurück, im Vordergrund steht der Reigen der drei Menschen durch Raum und Zeit, in wechselnden Szenen, in der dritten und der zweiten Person geschrieben. Zeit und Raum, ja selbst die Körperlichkeit der drei Romanfiguren sind Grenzen, die sich in Stangls Schreibduktus auflösen, und im Auflösen öffnen sich Wege in neue Welten. Kehrt man nach der Lektüre aus diesen Parallelwelten in die eigene Wirklichkeit zurück, wird ihre Zerrissenheit – aber auch ihre Schönheit – sogar körperlich spürbar.

Susanne Rikl, München