Zum Buch:
Eine bibliophile Liebeserklärung an Paris in 20 Essays und stimmungsvollen Schwarz-Weiß-Fotografien. Wunderbar ist allein schon die Auswahl der Stichworte in diesem Pariser Alphabet von “Amoureux sous le zinc” – wörtlich übersetzt “Verliebt unter dem Zink” aber auch “Verliebt unter’m Dresen”– bis zu “Worth Paris”, mehrdeutig auch dies, weil es unter anderem auf den heute fast vergessenen Begründer der Haute Couture, Charles Frederick Worth, anspielt. Wunderbar sind aber auch die Fotografien, intim, authentisch, mit Kennerblick ausgewählt, von eigener Substanz und Aussage.
Wer nicht zum ersten und nicht zum zweiten Mal in Paris weilt, kann es sich erlauben, auf Abwege zu geraten, sein eigenes Paris zu erkunden – und genau das hat Adriaan van Dis getan. Auf seinen Spaziergängen durch die Jahrhunderte, die Viertel und die Jahreszeiten begegnet man nicht nur Wilde, Proust, Hemingway und vielen anderen Bekannten, sondern auch den hungerstreikenden Afrikanern von Saint-Bernard de la Chapelle aus den Neunzigern, den Hitzeopfern des Sommers 2003, Monsieur Dubois, einem Clochard im sechsten Arrondissement, und den beiden Schwestern, die im Herbst 2003 die Kopftuchdebatte auslösten. Historisches mischt sich mit Alltäglichem, Modernes mit Künstlerischem, das attraktive Paris darf bei van Dis auch die Seiten seiner Hoffnungslosigkeit zeigen, gut versteckt in den Banlieus der Metropole.
Der Autor bewegt sich in der Stadt nicht wie ein Einheimischer, aber auch nicht wie ein Fremder, und genau in dieser Spannung zwischen Vertrautheit und Distanz liegt der Reiz dieser liebevollen Annäherungen. Doch man sollte es sich gut überlegen, dieses Buch zur Hand zu nehmen, denn es nährt die Sehnsucht …
Susanne Rikl, München