Belletristik

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Buchempfehlung Belletristik

Autor
Yazbek, Samar

Wo der Wind wohnt

Untertitel
Roman. Aus dem Arabischen von Larissa Bender
Beschreibung

Als der 19jährige Ali erwacht, liegt er unter einem Baum – wie ist er dahingekommen? Er hat Schmerzen, weiß aber nicht genau, wo. Er weiß auch nicht, ob er verletzt ist, spürt seinen Körper nicht, sieht plötzlich eine Grube vor sich, Menschen – eine Beerdigung. Ist es seine eigene? Ist er tot? Langsam wird deutlich, dass es Erinnerungsbilder sind, die er da sieht: Bilder der Beerdigung seines älteren Bruders, der als Soldat im syrischen Bürgerkrieg von einer Bombe buchstäblich zerrissen wurde und bei dessen Begräbnis die Behörden jede Klage verboten und Jubel über den Heldentod erzwungen haben. Als die Vision verblasst, versucht er festzustellen, wo er verwundet ist, aber nur eine Ferse scheint zu fehlen …
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Unionsverlag, 2024
Format
Gebunden
Seiten
192 Seiten
ISBN/EAN
978-3-293-00608-9
Preis
22,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Samar Yazbek (*1970 in Syrien) studierte arabische Literatur, engagiert sich für Bürgerrechte und arbeitet als Fernsehreporterin, Journalistin und Schriftstellerin. 2011 floh sie zusammen mit ihrer Tochter aus Damaskus und lebt seither in Paris. Für ihr Werk erhielt Yazbek mehrere Auszeichnungen, darunter den PEN Pinter Preis, den Tucholsky Preis, den PEN Oxfam Novib Preis und den Prix du Meilleur Livre Étranger. Ihre Romane waren außerdem nominiert für den Prix Médicis, den Prix Femina und den National Book Award 2021.

Zum Buch:

Als der 19jährige Ali erwacht, liegt er unter einem Baum – wie ist er dahingekommen? Er hat Schmerzen, weiß aber nicht genau, wo. Er weiß auch nicht, ob er verletzt ist, spürt seinen Körper nicht, sieht plötzlich eine Grube vor sich, Menschen – eine Beerdigung. Ist es seine eigene? Ist er tot? Langsam wird deutlich, dass es Erinnerungsbilder sind, die er da sieht: Bilder der Beerdigung seines älteren Bruders, der als Soldat im syrischen Bürgerkrieg von einer Bombe buchstäblich zerrissen wurde und bei dessen Begräbnis die Behörden jede Klage verboten und Jubel über den Heldentod erzwungen haben. Als die Vision verblasst, versucht er festzustellen, wo er verwundet ist, aber nur eine Ferse scheint zu fehlen …

Im ständigen Wechsel zwischen den aktuellen Versuchen des sterbenden jungen Mannes, seinen Zustand und seine Lage zu erfassen, und seinen Fieberträumen und Delirien entstehen Erinnerungsbilder: Bilder seiner Mutter und ihrer ständigen Arbeit in ihrem kleinen Garten, der rätselhaften Humairuna, die ihn früh ihren mystischen Glauben lehrte, vor allem den an die Kraft der Bäume, der Scheich, der ihn religiös unterweisen will, und vor allem sein Baum, diese uralte Eiche, in der er das Baumhaus gebaut hat, von dem aus er die Welt betrachtet und zu verstehen versucht hat, der Abhang, von dem er so gerne herabfliegen wollte.

Wo der Wind wohnt ist ein Roman von verstörender Schönheit, der in poetischen Bildern die reiche Tradition der alawitischen Kultur, vor allem ihre starke Verbundenheit mit der Natur, sichtbar macht, zugleich aber – fast schon beiläufig – auf die Auswirkungen des Krieges und der Brutalität derjenigen, die ihn führen, auf den Alltag noch im letzten Winkel Syriens verweist. Samar Yazbek führt uns dank der herzzerreißenden Klarheit ihrer Bilder und ihrer Sprache eindrucksvoll und unvergesslich vor Augen, zu welch unglaublichem Verlust an Kultur, Natur, Menschlichkeit und Schönheit (nicht nur) dieser Krieg geführt hat. Ein Leseerlebnis, das ich nur jedem ans Herz legen kann.

Irmgard Hölscher, Frankfurt a.M.