Zum Buch:
Während ich diese Zeilen schreibe, laufen in den Medien die Nachrichten über die Erdbebenkatastrophe und die daraus resultierenden Reaktorunfälle in Japan. Dadurch hat das Buch über die Tragödie von Tschernobyl , die sich im April dieses Jahres zum 25. Mal jährt, eine schreckliche Aktualität bekommen, auf die jeder gern verzichtet hätte.
Nicht nur die Journalistin Merle Hilbk, Jahrgang 1969, ist durch dieses Ereignis politisiert worden. Der Super-GAU von Tschernobyl hat der Antiatomkraftbewegung in Deutschland großen Auftrieb gegeben und viele Menschen politisch aktiv werden lassen. Die Entwicklung dieser Bewegung beschreibt Hilbk sehr lebendig und informativ in ihrem neuen Buch, aus ihrer Sicht und der anderer Beteiligter.
Wie sieht es aber fast 25 Jahre nach dem Unglück in den verstrahlten Gebieten aus? Um das zu ergründen, fährt die Autorin 2009 in Begleitung von Mascha, einer jungen belarussischen Frau, die im Jahr nach der Katastrophe geboren wurde – also ein sogenanntes Tschernobyl Baby ist – in die Sperrgebiete von Belarus. Das ist eine Reise in eine gespenstische Welt. Auf der weißrussischen Seite wird von der autokratischen Regierung, aber auch von einem Teil der Bevölkerung versucht, zur Normalität zurückzugelangen. Es werden immer mehr Regionen für unbedenklich erklärt. Weißrussland ist ein kleines Land und ca. 25 % davon sind radioaktiv verseucht.
Nicht so schlimm hat es die Ukraine getroffen, die mit den Folgen ganz anders, jedoch nicht weniger befremdlich umgeht. Von Kiew aus werden Reisen zum havarierten Reaktor organisiert, für die es zahlreiche Interessenten gibt. Erlebnisreisen in die Gefahrenzone. Die evakuierte Bevölkerung des Gebietes um Tschernobyl lebt mittlerweile ziemlich armselig in einem Hochhausghetto am Rande von Kiew. Beide Länder haben nach Hilbks Ansicht im Umgang mit den Betroffenen versagt. Bleibt zu hoffen, dass Japan diese immensen Probleme besser löst.
Edda Mittelbachert, Frankfurt am Main