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Bücher zu Lateinamerika

Autor
Brizuela, Leopoldo

Nacht über Lissabon (Lisboa - Un melodrama)

Untertitel
Roman. A. d. Span. von Thomas Brovot.
Beschreibung
Verlag
Berlin: Insel Verlag, 2010.
Format
geb.
Seiten
724 Seiten
ISBN/EAN
978-3-458-17478-3
Preis
24,90 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Leopoldo Brizuela, geboren 1963 in La Plata, arbeitet als Schriftsteller, Journalist und Übersetzer. Er ist Autor mehrerer preisgekrönter Romane und Erzählbände; 1999 wurde er für seinen Roman Inglaterra mit dem argentinischen Literaturpreis Premio Clarín ausgezeichnet. Er lebt in La Plata.

Zum Buch:

Der deutsche Titel des Romans verweist nicht zufällig auf den Erfolgsroman „Die Nacht von Lissabon“ von Erich Maria Remarque. Auch dieser Roman spielt im Lissabon des Jahres 1942 und hat das Thema Flucht vor den Nazis und Exil zum Thema. Für Brizuela aber hat diese Thematik nicht den gleichen Stellenwert. Sein Melodrama (im Original: Lisboa – Un melodrama) ist die Schilderung einer Reihe von Einzelschicksalen von fiktiven und historischen Personen auf dem Hintergrund einer sich dramatisch zuspitzenden Situation in der Nacht vom 18. zum 19. November 1942. In sehr unterschiedlicher Weise sind die Akteure betroffenen von den aktuellen Ereignissen, insbesondere dem mit Spannung erwarteten Verhalten des portugiesischen Diktators Salazar bezüglich seiner bevorstehenden Entscheidung: entweder weiterhin neutral zu bleiben oder sich dem Druck der Alliierten zu beugen und den Achsenmächten den Krieg zu erklären. Nicht alle handelnden Personen sind Passagiere für die im Hafen abfahrbereit liegende Boa Esperança (Gute Hoffnung), die die vielen wartenden Flüchtlinge in den rettenden Hafen nach Havanna bringen soll. Für den berühmten Tangodichter Santos Discépolo und seine Frau, die Sängerin Tania ist es eine Reise wie so viele auf ihren Tourneen. Nicht zu den Wartenden gehört eine weitere historische Gestalt, die später berühmt gewordene Fadosängerin Amália Rodrigues. Außer den Vorgenannten und dem rumänisch-jüdischen Dichter Mircea Eliade sind alle anderen namentlich genannten Protagonisten dieses Dramas frei erfunden und nahtlos miteinander und kunstvoll mit den historischen Ereignissen verknüpft. Die Texte und die Musik des argentinischen Tango und des portugiesischen Fado (mit Fadostrophen werden die großen Abschnitte eingeleitet) begleiten auf unterschiedliche Weise das sich dramatisch zuspitzende Geschehen. Nur in dieser angespannten Atmosphäre werden die nächtlichen Erzählungen verschiedener Akteure zu Beichten aus einer teils dunklen Vergangenheit (und hier spielt der Roman über weite Strecken auch in Argentinien), kommt es bei den undurchsichtigen Intrigen, Eifersuchtsdramen, Verschwörungen und Verbrechen dieser Nacht zu sehr unterschiedlichen Entscheidungen. Ich empfehle, diesen außerordentlichen und spannenden Roman ohne große Unterbrechungen zu lesen; die Leser könnten aufgrund der großen Zahl der agierenden Personen mit ihren verwirrenden Beziehungen und den vielen Rückblenden leicht den Überblick verlieren. Das beigefügte Lesezeichen mit den Protagonisten erweist sich dabei als willkommenes Hilfmittel. Klaus Küpper (Bücher zu Lateinamerika)