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Bücher zu Lateinamerika

Autor
Jäger, Thomas u. a.

Die Tragödie Kolumbiens

Untertitel
Staatszerfall, Gewaltmärkte und Drogenökonomie
Beschreibung
Verlag
Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2007
Format
br.
Seiten
26 schw.-w. Abb., 47 schw.-w. Tab. - 310 Seiten
ISBN/EAN
978-3-531-15462-6
Preis
49,90 EUR

Zum Buch:

Dies ist ein bemerkenswertes Buch. Sehr ausführlich und stets mit konkreten Zahlen untermauert, analysiert es im ersten Hauptteil “Schwacher Staat und Kriegsökonomie” die Interessen und Ressourcen der kolumbianischen Konfliktakteure. Besonders aufschlussreich ist das Kapitel über die Kriegsökonomie. So stehen insbesondere Coca-Anbaugebiete und Regionen mit Ölförderung unter dem Einfluss von Guerrilla und Paramilitärs. Die jährlichen Einnahmen der FARC werden mit 342 Mio. US-$ beziffert, ihre Ausgaben (vor allem für den Unterhalt der Kampfverbände) mit 40 Mio. US-$. Die treibende Kraft für den Staatszerfall in den letzten Dekaden sieht die Studie in den Gewaltmärkten, die sich aus dem Kampf der Guerilla gegen den Staat in Verbindung mit der seit den 1980er Jahren zunehmenden Drogenwirtschaft gebildet haben. Die beteiligten Akteure profitieren vom Status quo, während die Zivilbevölkerung darunter leiden muss. Mit 2-3 Millionen Vertriebenen ist Kolumbien nach Angaben des UN-Flüchtlingskommisariats nach dem Sudan das Land mit der zweithöchsten Zahl an Vertriebenen weltweit. Zwischen 1991 und 2003 wurden 1925 Gewerkschafter ermordet. Die ausufernde Korruption und der Kollaps der Justiz – die Verurteilungsrate bei Tötungsdelikten liegt bei 4 Prozent – führt die Studie vor allem auf den Drogenhandel zurück. Im zweiten Hauptteil “Die regionale und globale Einbettung des kolumbianischen Konflikts” wird die Militarisierung und Regionalisierung des Konflikts dargestellt. Ausführlich wird die Praxis der “Zertifizierung” als zentralem außenpolitischen Instrument der USA beschrieben und dessen Erfolglosigkeit begründet. Am Beispiel Ecuador wird ausgeführt, wie der Plan Colombia die bereits bestehende Tendenz zur Regionalisierung des Konflikts weiter verstärkt hat. Das Buch kommt zu der pessimistischen Einschätzung, dass die bisherigen kontraproduktiven Effekte weiter zunehmen und eine Wiederherstellung effektiver Staatlichkeit in absehbarer Zeit verhindern werden. Wer den Gewaltkonflikt in Kolumbien verstehen will, wird dieses Buch mit Gewinn lesen. Christoph Dietz (Bücher zu Lateinamerika)