Zum Buch:
Thema dieses Buches ist das Candelaria-Fest in der südperuanischen Stadt Puno. Im Laufe des 20. Jahrhunderts wandelte sich das Fest mit seinen tänzerisch-theatralen Darstellungen von einer kleinen lokalen Veranstaltung zu einem zentralen Ereignis mit überregionaler Bedeutung. Die vorliegende Dissertation beschreibt detailliert, wie sich hinter der festlichen Fassade der Kampf um den gesellschaftlichen Aufstieg und die Inszenierung von sozialen, ethnischen und geschlechtsspezifischen Hierarchien verbergen. Dabei unterscheidet Meier drei Entwicklungsphasen, nämlich die Anfänge zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter dem Einfluss lokaler und nationaler künstlerisch-kultureller Bewegungen, die organisatorische Konsolidierung seit 1956 und die aktuelle Form des Festes, die er als Integrationsstrategien und Verschleierungsdiskurse neuer städtischer Eliten charakterisiert. Auch wenn der Autor beispielsweise ausführlich die Entstehung und Entwicklung des charakteristischen (zunächst in Bolivien entstandenen) Diablada-Tanzes und der Sikuri-Panflötengruppen analysiert, weist dieses Buch weit über die tänzerisch-musikalische Phänomenologie hinaus. Genauso detailliert und kenntnisreich beschreibt er etwa die Fest- und Theaterkultur im Andenraum, die Marienverehrung seit der Kolonialzeit, die Funktion ethnisch-sozialer Kategorisierungen (indio, cholo, mestizo und misti) und die soziopolitische und kulturelle Entwicklung der Region Puno im 20. Jahrhundert.
Dieses Buch ist eine wahre Fundgrube für alle, die sich für sozio-kulturelle Veränderungsprozesse im Andenraum im Allgemeinen interessieren. Es ist sehr gut zu lesen, verzichtet ganz auf Wissenschafts-Kauderwelsch, sogar viele der über 500 Fußnoten bieten zusätzlichen Lesegenuss. Außerdem gibt es noch 38 Farbfotos, ein sehr umfangreiches Literaturverzeichnis, aber leider kein Register, das die vielen angesprochenen Themen, Begriffe und Personen leichter zugänglich machen würde.
Christoph Dietz (Bücher zu Lateinamerika)