Zum Buch:
Schön gestalteter, großformatiger Bildband mit etlichen qualitativ guten s/w-Fotos.
Ähnlich wie bei dem zu Jahresanfang veröffentlichten Bildband über Fidel Castro (Fidel Castro Vaterland oder Tod, Köln 2007) leitet auch hier der Autor sein Werk mit einem Essay über den argentinischen Revolutionär ein. Dieser ist ebenso ärgerlich, wie im Vorgängerwerk. Auch dem argentinischen Arzt und Berufsrevolutionär wird in populärpsychologischer Manier seit früherster Jugend eine Flucht vor sich selbst und ein leicht entflammbarer Feuergeist mit einem Hang zu adoleszente(n) Gewaltphantasien unterstellt. Wegen seines aus der Kindheit herrührenden Asthmaleidens habe er gelernt, hart zu sich selbst zu sein und dieses auch von anderen gefordert. Letzteres ist offensichtlich korrekt und noch nachzuvollziehen. Ihn aber darauf folgend als einen Apostel der Gewalt mit einer schwarzromantischen Todessehnsucht zu brandmarken, rückt die Schriften und Aussagen des Che aus dem Kontext der damaligen Realitäten und Auseinandersetzungen. Was der Autor eigentlich aussagen will, kommt dann an anderer Stelle deutlich heraus: Damit hatte Che seinen subjektiven Hang zur Selbstkasteiung und moralischen Rigorosität in ein gesellschaftliches Projekt umformuliert, das für die kubanische Bevölkerung verbindlich sein sollte. Die an die Marxsche Frühschriften angelehnte Vorstellung von der Überwindung der Entfremdung durch quasi religiöse Hingabe an das Gemeinwohl war schon damals ein Hirngespinst. Spätestens an der Stelle, als der Autor Ausführungen des Che mit der Propaganda von Joseph Goebbels vergleicht und den Argentinier als pedantischen Diener der Revolution oder den apokalyptischen Reiter eines halluzinierten Weltenbrandes tituliert, weiß man, dass Mießgang hier seine persönliche, höchst einseitige Abrechnung mit dem Mythos des Che betreiben möchte. Man muss den Che ja nicht wie Sartre in einem überschwinglichen Moment als den vollkommensten Mensch unserer Zeit bezeichnen, etwas mehr Fairness im Umgang mit dessen Biographie wäre aber einem unvoreingenommenem Leser sicherlich lieber. Wer allerdings eine einseitige Negativdarstellung Guevaras mit einigen kleineren Fehlern sucht (z.B. war Guevara nie Innenminister, wie Mießgang an einer Stelle behauptet), der ist hier gut beraten, denn das ganze ist nett lesbar geschrieben und die Bilder sind qualitativ weitgehend gut. Klaus Brieskorn (Bücher zu Lateinamerika)