Zum Buch:
Die erste hemisphärische Konstruktion bezeichnete schon bald nach der Entdeckung das Verhältnis zwischen Alter und Neuer Welt, das auf der Ausbeutung und Unterdrückung zugunsten der Europäer beruhte. Die kategoriale Unterscheidung zwischen beiden Welten erfasste dabei alle Aspekte und Felder des Wissens … so die Herausgeber in ihrem Vorwort. Mit der Unabhängigkeit der amerikanischen Staaten von den Kolonialmächten entwickelte sich das Bewußtsein einer eigenen Hemisphäre unter anderen Vorzeichen, nämlich dem Nuestra América eines Simon Bolivar und der Monroe-Doktrin der USA. Mittlerweile hat sich jedoch das Ungleichgewicht von Alter und Neuer Welt auf ein hegimoniales Verhältnis zugunsten des Nordens gegenüber dem Süden verschoben. Die hemiphärische Konstruktion unterscheidet heute also zwischer reicher, entwickelter und armer und unterentwickelter Welt wobei die Grenzen nicht exakt entlang von Nord- und Südhalbkugel verlaufen wie ein Beitrag in dieser Sammlung am Beispiel Mexikos zeigt. Die anderen Beiträge dieses interessanten Bandes sind Ergebnisse einer interdisziplinären Ringvorlesung verschiedener Institute in Berlin. Sie behandeln so unterschiedliche Themen wie Alexander von Humboldts hemisphärische Konstruktionen in seinem Reisewerk, de hemisphärische Blick auf literarische AIDS-Diskurse und auf die Erzählpraxis und Theoriedebatten von testimonio und témoignage sowie Lateinamerika und die USA als Bezugspunkte der brasilianischen Außenpolitik. Alle Beiträge aus Kultur-, Literatur- und Sozialwissenschaft betrachten die vorgestellten Themen aus einem neuen Blickwinkel und verschaffen den Leserinnen und Lesern so eine außergewöhnlich interessante Lektüre.
Klaus Küpper (Bücher zu Lateinamerika)